Die Anreise
Nachdem wir - mein Sohn und ich - über Saarbrücken nach Frankreich eingereist sind, lagen bei der von uns gewählten Route über Tours noch rund 770 Km vor uns. Wir haben nicht den kürzeren Weg gewählt, da uns empfohlen wurde den Großraum Paris zu meiden. Beide Routen sind Mautpflichtig und kosten um die 65€. Das Ganze ist zahlbar z.B. per Kreditkarte an den deutschsprachigen Mautautomaten. Bei Tempo 110 km/h bzw. 130 km/h - die man tunlichst auch einhalten sollte - ist die Fahrt über nahezu leere Autobahnen völlig entspannt.
Wir haben zwei Übernachtungen im Hotel „Du Parc“, gelegen am Ortsrand von Saumur, gebucht. Das modern ausgestattete Doppelzimmer mit Einzelbetten war eine gute Wahl zu einem fairen Preis von 154 Euro. Im angeschlossenen Restaurant wird landesübliche Küche angeboten. Am Ankunftstag probierten wir das Menü, dazu einen Weißwein der Region - sehr lecker. Als Ausgleich hierzu - eher aus Respekt meinem Sohn gegenüber - aßen wir am zweiten Abend im schwer auffindbaren McDonalds. Für die Zeit zwischen Frühstück und Abendbrot empfehlen wir die köstlich belegten, französischen Baguette.
Saumur‘s Sehenswürdigkeiten
Vom Hotel aus führt die Straße gradewegs über zwei Loire-Brücke hinein in die Innenstadt. Wer sich an solch Kleinigkeiten wie alte Sandsteinhäuser mit den vielen Erkern und gusseisernen Balkongeländern erfreuen kann, wird hier viel Interessantes entdecken können. Da wir ziemlich unvorbereitet unsere Sightseeingtour angegangen sind, blieb uns nur der Eindruck der Haupteinkaufsstraße und nach Auffahrt zum Chateau der Blick ins Loire-Tal. Das derzeit in Renovierung befindliche Schloss war leider nicht zu besichtigen. Soweit zur Software nun zur Hardware.
Musée des Blindes
Die Beschilderung zum Museum ist allerorten zu finden. Durch ein blaues Stahlgittertor fährt man direkt auf das Museum zu. Der Besucher wird von zwei Shermanpanzern begrüßt. Linker Hand befindet sich eine Reihe pflegebedürftiger Panzerfahrzeuge aller Art - meist französischer Herkunft.
Unter einem Vordach befindet sich ein gut restaurierter Panther. In dem für das Publikum abgesperrten, hinteren Bereich konnten wir bereits am Vorabend ein paar Schnappschüsse durchs Gitter machen. Dort steht zum Beispiel ein Büssing mit Pritsche bzw. Magirus-Deutz mit Tankaufsatz leider im erbärmlichen Zustand. Ein zunächst leises Grummeln und explosionsartige Geräusche ließen uns zurück zur Panzerhalle gehen und durch das geöffnete Hallentor erblickten wir den Tiger II in Bewegung. Beschleunigten Schrittes ging es zur Kasse und wir konnten die nachfolgenden Eindrücke mit der Kamera festgehalten. Die „lucky guys“, so die Kassiererin, hatten einen der seltenen Momente erwischt, an denen der Saumur-Tiger gefahren wurde. Es war beeindruckend! Interessant ist dabei, dass unter Last der Motor völlig laufruhig vor sich hin brummelte. Die Fehlzündungen schienen nur im Leerlauf ausgelöst zu werden.
Zurück zum Anfang. An der Kasse wird neben den Tickets auch ein Museumsführer in deutscher Sprache ausgehändigt. Im Museum werden zu jedem Fahrzeug die Details in französischer, englischer und deutscher Sprache beschrieben. Im Eingangsbereich gibt es einen kleinen Aufenthaltsraum mit Kaffeeautomaten und Softdrinks - es werden aber keine Speisen angeboten! Nebenan im Souvenirshop können Modellbausätze und -panzer sowie thementypische Kleidung und sonstigen Tand erworben werden.
Erster Weltkrieg - französische Panzerentwicklung
Zunächst betreten wir einen kleineren Raum mit französischen Panzern des Ersten Weltkrieges z.B. den Schneider oder zwei Renault FT 17. Die französische Panzerentwicklung bis Ende der 1930er Jahre wird hier anhand bekannter Namen wie Panhard AMC 178, Somua S35 oder Renault B 1bis dargestellt. Die Tarnschemen sind schon spektakulär und eine schöne Abwechslung für uns Modellbauer.
Deutsche und italienische Fahrzeuge des Zweiten Weltkriegs
Die erste große Halle führt gleich zu den deutschen Panzerkampfwagen und der mobilen Artillerie, Pak und Flak. Neben den bereits gesichteten Tiger II befinden sich hier ein Tiger I, Panther, Panzer IV (mit Schürze), Panzer III und Panzer II. Die Panzerabwehr wird mit diversen Marder-Ausführungen, auf Beutefahrgestellen, wie den Lorraine und Hotchkiss sowie einem Hetzer, Jagdpanzer IV bzw. Jagdpanzer IV Zwischenlösung und dem Jagdpanther präsentiert. Weiterhin sind ein Sturmgeschütz III, Wespe und Hummel sowie ein Möbelwagen mit 3,7 cm Flak 43 zu besichtigen. Diverse Einzelgeschütze zur Panzerabwehr und zwei Nebelwerfer sowie eine 1t Zugmaschine und der Hanomag vervollständigen die Aufzählung der Exponate dieser Halle.
An dieser Stelle bitte ich um Nachsicht, dass ich keine weiteren Angaben zu den jeweiligen Ausführungen der Fahrzeuge beziehungsweise weitere Angaben zu den Kalibern der Geschütze mache. Es soll ja für den potenziellen Besucher noch spannend bleiben (und für etwaige Fehler der Restauratoren möchte ich an dieser Stelle keine Diskussionsgrundlage bilden).
Die italienische Panzerwaffe wird mit dem Semovente und Carro armato M15-42 vorgestellt.
Hallen mit Sonderthemen
In der Kuriositätenhalle blieben für mich in Erinnerung der Goliath, ein ELC Bis und die Umbauten für nostalgische Filmaufnahmen sowie ein Schwimmkübel.
Als weitere Themenhalle wäre der Motorensaal mit u.a. einer Funktionsdarstellung eines Verbrennungsmotors oder dem Getriebe und Motor des Tiger I zu nennen. Und dann noch der Saal „namhafter Persönlichkeiten“ des Zweiten Weltkrieges, die sich auf jeweils unterschiedlichen Fahrzeugen der jeweiligen Nationalität präsentieren. So steht Erwin Rommel auf einem Sd.Kfz. 11.
Alliierte Fahrzeuge des Zweiten Weltkrieges
Ein optischer Leckerbissen ist das Diorama mit der SU-100 und dem KV-1. Als weiteres russisches Fahrzeug wird der T34-76 gezeigt. Die Briten werden u.a. durch den Churchill, Valentine oder Comet, die Amerikaner mit dem Sexton, M4 Sherman oder M3 LeeGrant vertreten. Diese Aufzählung ist bei weitem nicht abschließend.
Warschauer Pakt
Die Reihe beginnt mit dem T54-55 führt über den BMP 1, BTR 70 zum T72.Eine Besonderheit ist das im Bosnienkonflikt eingesetzte Fahrzeug.
Leider sind hier die aufschlussreichen Stärkeangaben der Warschauer Pakt Mitglieder ausschließlich in französischer Sprache kommentiert. Dies gilt leider für die gesamte Ausstellung mit Ausnahme der Fahrzeugbeschreibungen.
Moderne französische Fahrzeuge
In dieser Halle werden wir vom AMX Leclerc begrüßt. Linker Hand werden Fahrzeuge des Indochinakrieges gezeigt. Ergänzt wird die französische Sammlung u.a. mit dem Panhard FLII, AMX 13 und AMX 50.
Moderne Westalliierte
Die letzte Halle kurz vor dem Ausgang zeigt einen Abriss verschiedenster Nachkriegsentwicklungen. Hier stehen u.a. die britischen Conqueror, Centurion und Chieftain, der schwedische STRV 103S oder der israelischer Merkava. Weiterhin befinden sich in der Ausstellung amerikanische M47 und M26 oder die deutschen Leopard I und Kanonenjagdpanzer bzw. eine Auswahl gepanzerter Radfahrzeuge wie beispielsweise der Alvis Sarazen.
In dieser Halle befindet sich auf der Empore eine Vielzahl an Modellen im Maßstab 1/72 und einige Dioramen Maßstab 1/35.
Im Übrigen befinden sich in allen Hallen kleinere Vitrinen mit unterschiedlichsten, themenbezogenen Ausstellungsstücken.
Zum Ende unserer fünfstündigen Besichtigungstour haben wir uns noch im Außenbereich einen gepanzerten Nebelwerfer und ein Sd.Kfz. 251 Pionierausführung angesehen. Anschließend wandten wir uns noch mal dem linken Außenbereich zu und machten einige Detailaufnahmen vom AMX 13 wegen der aktuell angekündigten 1/35 Modelle. Genau in diesem Zeitraum wurde das Sd.Kfz. 251 zurück in die Halle gefahren. Wir kamen gerade rechtzeitig, um die andere Halbkette in Bewegung zu sehen.
Damit endet ein interessanter Museumsbesuch, wobei für mich eine Frage ungeklärt blieb. Im Bestand des Museums befinden sich lt. Museumsführer 850 Fahrzeuge. Wenn 200 Fahrzeuge in der Ausstellung und großzügig geschätzt 50 im Außenbereich stehen, wo sind die übrigen 600? Und was für Schätze werden uns vom Museum vorenthalten?
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