on Tour: Panzer-Modell.de meets Tom Jentz & Hilary Doyle

Thomas durfte Hilary messen helfen ...
... und Carsten lauschte den Worten des Meisters ;-)

Tom JentzWenn man einen Panzer-Modellbauer fragt, von wem denn so die Bücher in seinem Regal sind, ein Name wird garantiert fallen - Tom Jentz. Fragt man ihn dann auch noch, von wem denn die Zeichnungen in seinen Büchern sind, so fällt unter Garantie der Name Hilary Doyle. Wenn man im Bereich deutsche Kampffahrzeuge des 2. Weltkrieges irgendein Problem zu lösen versucht, an dem Gespann Jentz/Doyle führt dabei kaum ein Weg vorbei.
Seit über 30 Jahren sind die beiden bereits am Recherchieren und Analysieren und haben wahrscheinlich jedes überlebende Fahrzeug weltweit bereits unter die Lupe genommen.
Hilary Doyle's Zeichnungen findet man z.B. bereits in den guten alten querformatigen Waffen Arsenal Heften aus den 70er Jahren.

Nachdem wir bereits einige Male wegen der aktuellen Panzer Tracts Hefte hin- und hergemailt hatten, trudelte eines Tages eine eMail ein, ob wir uns nicht in Koblenz treffen wollen - das Duo besuchte Mitte Oktober für eine Woche Deutschland. Nun, das Angebot lässt man sich nicht zweimal machen, also machten wir uns am 20.10. auf den Weg zur WTS in Koblenz, unserem Treffpunkt.

Hilary DoyleWenn man als kleiner Modellbauer auf dem Weg zu zwei so großen Namen ist - quasi zu einer Art modellbauerischer Papstaudienz - dann mischte sich in den Stolz bald auch eine gehörige Portion Lampenfieber.
Schon vom Eingang der WTS aus, waren Tom Jentz und Hilary Doyle nicht zu verfehlen - es gibt wirklich nicht viele Leute die mit Messlatten und Co. auf Panzern "rumturnen". Der Puls stieg langsam aber stetig...

Doch das Eis war schnell gebrochen und es folgte ein knapp 5 stündiges Fachsimpeln rund um alles was Ketten hat. Es ist schon faszinierend welch umfassendes Wissen Tom und Hilary angesammelt haben - es gibt kaum eine Frage auf die sie keine Antwort wissen.
Wobei Hilary derjenige ist, der tief in die Panzer abtaucht und jedes noch so kleine Detail genau vermisst. Waren seine Zeichnungen schon seit jeher maßgebend, so erreichen seine neuesten Werke, die jetzt am Computer per CAD entstehen eine Genauigkeit von plusminus 0,5mm am Original! Wer mal eine von den neuen Zeichnungen (z.B. das Sd.Kfz.222 aus dem neuen Panzertracts Nummer 13 gesehen hat, weiss, was ich meine!
Womit wir auch schon bei einem der wichtigsten Unterschiede zwischen ihren Büchern und denen anderer Autoren wären. Auch heute gibt es immer noch ungeklärte Fragen und die beiden werden sich nicht zu Spekulationen hinreissen lassen. Andere Autoren phantasieren hier frei drauf los - sicherlich nicht zum Wohle des Lesers.

Unter die Rubrik Phantasie fallen auch viele Suggestivnamen, die heutzutage in aller Munde sind. Kaum jemand weiß, das z.B. der Name Hetzer lediglich drei (!) Tage fälschlicherweise für den Jagdpanzer 38(t) verwendet wurde - gehörte er doch zum E-10. Überhaupt gab es im Krieg lediglich zwei offizielle Suggestivnamen für Panzer: Panther und Tiger.
Ein heutzutage ebenso gebräuchlicher Begriff ist die "Saukopfblende". Auch hier klärte Tom uns schnell auf, daß dieser Begriff erst lange nach dem Krieg von Walter Spielberger geprägt wurde.

Eine weitere interessante Erkenntnis ist die Tatsache, daß Wehrmachtsfahrzeuge im Polenfeldzug immer einen Zweifarbanstrich trugen - Dunkelgrau mit dunkelbraunen Flecken, die ca. 1/3 der Oberfläche ausmachten. Auf Fotos ist dieses tückischerweise nicht erkennbar, da beide Farben auf schwarz/weiß Fotos nahezu identisch aussehen.

Beachte den Schriftzug auf der BandageRichtig interessant - oder auch frustrierend - wurde es dann, als Hilary und Tom einmal auf die Schnelle erklärt haben, was alles an den WTS Panzerjäger I und Wespe - pardon, 10,5 cm leFH 18 auf GW II (sf) meine ich natürlich... - falsch ist. Kleine Kostprobe gefällig ? Wer hätte gewusst, daß der Koblenzer Panzerjäger I fünf (!) verschiedene Arten von Laufrollen hat, alle aus Leichtmetall, obwohl die erste und letzte laut spezifikation aus Stahl zu sein hatte ? Nach einem Ad hoc Lehrgang über Laufrollen und Gummibandagen haben sogar wir die Unterschiede gesehen. Bei der Gelegenheit erklärte Tom uns auch, woran man Originale von nachgemachten Gummibandagen erkennt. Relativ simpel, original Gummibandagen haben immer den Aufgruck der Reifengröße und des Herstellers (siehe Bild links - Hersteller Continental).
In Bezug auf die Laufwerke der frühen Panzer wurden wir hier auf einen Umsatnd hingewiesen, der gerade im Bereich der frühen Ketten der Panzer III und IV auffiel, denn in einigen Publikationen wurde hier von 36cm, in anderen von 38cm Ketten gesprochen. Diese Diskrepanz ist auf Rechenjongleure für den Panzer I zurückzuführen. Hier wurde der Bodendruck für die Kette als zu hoch erachtet, woraufhin man einfach die Kettenbolzen (pro Seite 1cm) mitgemessen hat und somit die Kette breit genug war. Bis zum Panzer IV wurden die Ketten einschließlich Bolzen gemessen und so ist die Kette in echt 2cm schmaler als angegeben!

Ein besonderes Feuer kann man in Tom Jentz entfachen, wenn man ihn auf andere Publikationen anspricht. Tom, übrigens in den Sechzigerjahren als Panzermann auf dem M60 in Deutschland stationiert, erhebt für seine Werke den Anspruch eine solide Wissensbasis zu legen. Was in seinen und Hilary's Büchern steht ist das Resultat 30-jähriger Nachforschungen und kann Wahrheit angesehen werden. Aus diesem Grund verwendet das Duo in erster Linie gestochen scharfe Hilary's NotizenWerksfotos auf denen ein maximum an Details erkennbar ist. Man verzichtet bewusst auf die bei Modellbauern so beliebten Einsatzfotos und überlässt diesen Bereich den Mitbewerbern.
Was Tom aber besonders ärgert, sind historische Fehler, die sich wie ein roter Faden durch eine Vielzahl Bücher hindurchziehen. Hieran erkennt man, daß diese Autoren eher mit Abschreiben beschäftigt sind, als mit seriöser Recherche. Wenn er dann seine Bilder und Hilary's Zeichnungen einfach (und falsch) coloriert in günstigen Polnischen Heften wiederfindet hört der Spaß ganz auf.

Ein anderes Problem der heutigen Autoren ist die langsam verblassende Erinnerung der Zeitzeugen. Wenn man die richtigen Fragen stellt, erhält man heute fast jede Antwort die man hören will. Ein nettes Beispiel ist die Rolle des Graf von Seherr-Thoss bei der Entwicklung des Wirbelwind. Rühmten sich manche den Graf erst vor kurzem ausfindig gemacht zu haben, so waren Hilary und Tom schon vor vielen Jahren bei ihm zu Gast. Auch sie waren damals über die Listen mit den genauen Ostbau-Sagan Fertigungszahlen begeistert. Ein Vergleich mit den offiziellen Abnahmelisten der Wehrmacht offenbarte schnell große Differenzen. Mit diesen Unterschieden konfrontiert, nahm der Graf ein neues Blatt und machte aus dem Kopf (!) eine neue Liste. Soviel zur Glaubwürdigkeit...
Ferner räumte Tom mit der Geschichte auf, daß Ostwind und Wirbelwind in Sagan wirklich komplett gebaut wurden. Den meisten Büchern zufolge entwarf Graf von Seherr-Thoss den Wirbelwind (Prototyp stammt aber von Krupp). Nach der Abnahme des Musters hat Ostbau-Sagan angeblich instandsetzungsbedürftige Panzer IV überholt, die Türme gebaut und das Fahrzeug anschließend komplettiert. Richtig ist hingegen, daß Ostbau-Sagan bereits überholte fertige Panzer IV Wannen und fertige Türme von Alkett geliefert bekam. Die Rolle von Ostbau war also lediglich die "Hochzeit" von Turm, Waffe und Wanne.

Für unsere Leser gab uns Tom noch etwas mit auf den Weg - "tell them what to buy if they don't want bullshit". Wer also wirklich fundierte Werke sucht und nicht solche deren "Wissen aus der Bierflasche stammt" (Zitat Tom Jentz), wird bei Hilary und Tom jederzeit fündig. Wie gesagt, sie legen eine solide Wissensbasis, die dann ideal mit anderen Werken erweitert werden kann.

Auch wenn ich anfangs nicht wusste, was ich wohl mit zwei Starautoren reden sollte, so wurde ich angenehm überrascht. Beide waren unheimlich nett und gaben einem nie das Gefühl nur ein kleiner Leser zu sein. Kurzum, es war ein äußerst interessanter und auch schöner Tag, für den wir uns an dieser Stelle nochmals ausdrücklich bedanken möchten!


(C) 10/2001 Carsten Gurk

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