Während zu den jeweiligen Panzern mittlerweile oft eine gute Auswahl von Referenzliteratur besteht, werden die hinter den Fahrzeugen stehenden Hersteller leider bisher sträflich vernachlässigt. Dies liegt wohl auch an der sprichwörtlichen Scheu einer Branche, die eher ungern im Fokus der allgemeinen Aufmerksamkeit steht. "Die Panzerindustrie" von Dieter Hanel bricht hier eine Lanze, und gibt dem interessierten Leser auf 223 Seiten einen umfassenden Überblick über die weltweit agierenden Rüstungsunternehmen sowie deren Fahrzeuge. Selbst seit Jahren in der Rüstungsindustrie tätig, hat Hanel in akribischer Kleinarbeit eine unglaubliche Vielzahl von Informationen zusammengetragen und in allgemein verständlicher Weise aufbereitet und zusammengefasst.
Umfassend zählt der Autor hier zuerst nach Region (Nordamerika, Europa, Naher Osten, etc.) und dann nach den einzelnen Ländern (USA, Deutschland, Frankreich, etc.) die in der Wehrtechnik tätigen Unternehmen sowie deren Produkte auf. Auch wird u. a. der Ablauf eines Rüstungsprojektes beschrieben, was erstaunlich komplex sein kann. Ferner werden noch einige multinationale Vorhaben beleuchtet und analysiert, und ein Ausblick über die laufenden oder geplanten Beschaffungsvorhaben einzelner Länder gegeben.
In der jeweiligen Herstellerbeschreibung kommen nicht nur die bereits bekannten Firmen, wie z. B. Krauss-Maffei Wegmann (Fahrzeuge), Diehl-Remscheid (Ketten) oder MTU-Friedrichshafen (Motoren), zum Zuge, sondern auch eher unbekannte Unternehmen, von denen man in diesem Zusammenhang meist deutlich weniger hört und liest.
Neben ausführlichen und gut verständlichen Texten und Diagrammen verdeutlichen zahlreiche Tabellen und Kurven die bisweilen etwas trockene Materie, die leider streckenweise etwas den Charme einer Tabellenkalkulation hat, was das Lesen nicht immer ganz einfach macht. Quasi als Abwechslung finden sich zwischendurch immer wieder einige Abschnitte mit hervorragenden Farbbildern der einzelnen Fahrzeuge, die jeweils über mehrere Seiten gehen, und durchaus als Inspirationshilfe für den Bau eines der nächsten Modelle dienen können.
Als einziger Knackpunkt des Werkes erweißt sich das Jahr 2000 der Veröffentlichung, weswegen einige Zahlen schon lange nicht mehr der Realität entsprechen. So wird beispielsweise noch von der "Neuen gepanzerten Plattform" (NGP) gesprochen, welche als Basis für den Nachfolger des "Leopard 2" sowie deren Familienfahrzeuge dienen sollte, der Beschaffung von weiteren 40 Minenräumpanzern "Keiler" (2. Baulos) für die Bundeswehr, oder das amerikanische Artillerieprogramm "Crusader" , welches mittlerweile eingestellt ist. Auch die exakten Mitarbeiterzahlen der einzelnen Firmen sind eher mit Vorsicht zu genießen, da sich hier in den letzten Jahren eine Menge getan hat. Besonders erwähnt sei in diesem Zusammenhang der Zukauf von KUKA Wehrtechnik, Henschel-Wehrtechnik und der Kieler MaK zum Düsseldorfer Rheinmetall-Konzern. Für einen ersten Überblick langen die vorliegenden Daten jedoch allemal.
Fazit: Für alle, die einmal einen Blick hinter die Entstehung und das weltweite Zusammenwirken unterschiedlicher Hersteller von Panzern und verwandter Fahrzeuge werfen möchten, ist dieses Buch sehr zu empfehlen. Aber auch der normale Modellbauer kann sich an den hochwertigen Farbaufnahmen sowie den umfangreichen Tabellen voller technischer Daten der wichtigsten Fahrzeuge aller Gattungen erfreuen. Für knapp 20 Euro erhält man ein hochinteressantes Werk, das bei keinem technisch interessierten Modellbauer im Regal fehlen sollte.
"Die Panzerindustrie" von Dieter Hanel
Bernhard & Graefe Verlag
ISBN: 3-7637-5999-6
25,5 x 21,5 cm, Gebunden/Hardcover
223 Seiten, 32 farb. Tafeln, zahlr. Abb.
Kurzer Nebensatz außerhalb der eigentlichen Rezession: Mittlerweile ist das Buch im regulären Handel leider recht schwierig zu bekommen. Im Internet bin ich aber noch bei www.buchhandel.de fündig geworden.