On Tour: Tiger Day in Bovington


Nachdem ich mir kurz entschlossen eines Nachts im Internet zwei VIP- Karten für diesen Event gebucht hatte, trafen mein Sohn und ich am 30.03.2012 erwartungsvoll im Panzermuseum im südenglischen Bovington ein.

Zuletzt war ich vor über zwanzig Jahren hier – die Veränderungen zu damals sind enorm. Die Sammlung ist in modernen Gebäuden untergebracht, meist sehr gut zugänglich, und auch vom Umfeld her gut aufbereitet: Zahlreiche Schautafeln, Videoschirme und Filmvorführungen sorgen für ein recht intensives Besuchserlebnis.

Die Sammlung selbst ist von der schieren Anzahl der Fahrzeuge her schon einmalig; Das „Sahnehäubchen“ sind jedoch die vielen nicht nur top- restaurierten, sondern sogar fahrbereiten Gefechtsfahrzeuge, die in der museumseigenen „Kuwait“- Arena mehrmals im Jahr vorgeführt werden.

Teil unseres VIP- Pakets war nicht nur gute (für britische Verhältnisse) Verpflegung während des Besuchstages, sondern die exklusive Möglichkeit, mehrere Panzer in einem abgeschlossenen Bereich vor dem eigentlichen Event besichtigen zu können. Die Luken waren geöffnet, und wir konnten uns den Tiger I, einen Panther G, einen Pz II und einen Pz III von innen (durch die Luken – hinein durften auch wir nicht) und außen ansehen. Dabei stand an jedem Fahrzeug der jeweilige Experte des Museums für detaillierte Auskünfte zur Verfügung – wann kann man schon mal mit jemandem reden, der mehrmals im Monat einen Tiger fährt?

Eine nette Geschichte am Rande: Der Führer unserer Besuchergruppe entpuppte sich zur großen Überraschung als Landsmann (am akzentfreien Englisch habe ich es nicht erkannt) – als ehemaliger T 72- Kommandant wurde er nach der Wende zunächst arbeitslos, zog dann nach England, um einen Job zu finden, lebt seitdem in Südengland und arbeitet als Freiwilliger in der technischen Werkstatt des Museums. 

Das Hauptinteresse galt natürlich dem Tiger, welcher nun vollständig in allen Details originalgetreu restauriert der Publikumsmagnet des Museums ist. Die Arbeit, die hier von den Technikern geleistet wurde, ist tief beeindruckend. Später am Tag gab uns der Kurator der Sammlung noch Einblicke in den Restaurierungsprozess. Hier kam immer wieder zur Sprache, welch ein hochkomplexes technisches System der Tiger darstellt, und die Meinung der Museumspersonals schwankte irgendwo zwischen Bewunderung für die Ingenieursleistung und Kopfschütteln über den gigantischen Fertigungs- und Wartungsaufwand, den das Waffensystem Tiger erforderte – laut dem Kurator war es eigentlich zu komplex, um im Kampf eingesetzt zu werden. 

Neben dem Tiger interessierte mich persönlich noch der Panzer III Ausf. L am meisten, welcher ebenfalls innen und außen top- restauriert und fahrbereit ist.

Der Panther G besitzt ein recht ungewöhnliches Farbmuster mit dem in Modellbauerkreisen immer wieder gern diskutierten rotbraunen Grundierungsstreifen – ich selbst glaube bis heute nicht so recht, das tatsächlich so „getarnte“ Panzer in Einsätze fuhren. Das Fahrzeug selbst hat wohl die Innenrestaurierung noch vor sich – der Turm sah innen ziemlich ‚gebraucht’ aus, ähnlich wie der Pz II (die Vorlage des alten Tamiya- Bausatzes aus den 70ern), der innen zwar ziemlich komplett ausgerüstet, jedoch in keinem guten Zustand ist. 

Nach einer weiteren Stärkung am VIP- Buffett folgte dann die dynamische Waffenschau mit  Fahrvorführungen zahlreicher Fahrzeuge. Eine Matilda I schleppte sich mit qualmendem Motor über den Parcours, gefolgt von einer Matilda II, dem Pz III, einem T34/85, dem britischen „Comet“ (mit beeindruckendem Sound des „Spitfire“- Flugzeugmotors, der auch in diesem Panzer als Antrieb verwendet wurde), einem M4A3E8, und einem Centurion. Während alle diese Fahrzeuge zum Teil recht verhalten gefahren wurden (wer will schon für Schäden an der Technik dieser bis 70 Jahre alten Panzer verantwortlich sein), gab es beim Auftritt des Leopard I  keine Zurückhaltung mehr: Der eindeutig dynamischste Auftritt des Tages wurde mit deutscher Technik bestritten, gefolgt vom Einrollen des Tigers. Wer noch die youtube- Clips mit den zahllosen Fehlzündungen des Motors während der ersten Fahrten kennt, ist beeindruckt vom nun erreichten Stand: Der Tiger zog mühelos seine Bahnen, und im direkten Vergleich mit den sehr ruckhaften Gangwechseln beim T34 wird der unterschiedliche ‚philosophische’ Ansatz deutlich: High Tech gegen massenfertigungsoptimierte Einfachsttechnik. Der Ausgang des Vergleichs ist hinreichend bekannt, so dass sich Diskussionen erübrigen, welches das effizientere Konzept war. Aber den Tiger fahren zu sehen und die beeindruckende Klangkulisse des Maybach- Motors zu hören (der Leo machte akustisch aber noch mehr her), ist schon was Besonderes.

Für die VIPs gab es dann noch einen separaten Vorbeimarsch in einem abtrassierten Bereich vor den rückwärtigen Hallentoren, durch die die Panzer nach der Vorführung in den Museumsbereich zurückfuhren. Die Hitze des Tiger- Auspuffs konnte man noch aus 7 m spüren.

Nach einem ausführlichen Rundgang und einem letzten Abschluss am Teebuffett erhielten wir noch eine Tasche mit Souvenirs und Geschenken, so dass sich ein Besuch des museumseigenen Shops erübrigte. Beladen mit Tiger- Tassen, T-Shirts, CDs und Büchern (sehr zu empfehlen: Das Buch „The Tiger Owner’s Workshop Manual“, eine reich bebilderte Dokumentation des Bovington- Tigers), flogen wir nach Deutschland zurück.

Fazit: Wer im Panzermuseum Munster schon seinen Spaß hat, sollte unbedingt zu einer der Vorführungen nach Bovington fahren. Die Termine erfährt man auf der Homepage des Museums. Aber auch ein Besuch an Tagen ohne Fahrvorführung wird der Panzerfreak nicht bereuen.





































© 07/2012 Stefan Krakow

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