Krupp Räumer S

 

Das Original

Bereits im September 1940 ging der Auftrag zur Entwicklung eines "Gerätes zur maschinellen Räumung von Minen auf der Straße und im Gelände auch während des Kampfes" an die Firmen Alkett und Krupp. Die Fahrzeuge sollten selbstfahrend, gepanzert und mit anhängbaren Walzen ausgestattet sein. Die Ausmaße waren wie folgt festgelegt: nicht über 2,70 m hoch, 3 m breit, 10 m lang bei einem Gewicht nicht über 40t. Imposante Ausmaße! Bei dem Alkett-Fahrzeug scheint es sich um das noch heute in Kubinka ausgestellte dreirädrige Fahrzeug zu handeln. Bei Kriegsende fanden die Amerikaner auf dem Versuchsplatz Hillersleben allerdings ein Fahrzeug welches die oben genannten Ausmaße weit übertraf, den Räumer S gebaut von Krupp! Das Fahrzeug war 15,63 m lang, 3,27 breit und 3,93 hoch und wog 130 t! Im Beutebericht der Amerikaner wir allerdings bezweifelt das dieses Fahrzeug wirklich zum Räumen von Minen gedacht war. Da es nur über 53 cm breite Räder verfügte, was selbst bei verschiedenen Achsbreiten von Vorder- und Hinterachse lediglich zu einer Räumbreite von 1,06 m führen würde. Abgesehen von dem ungeheuren Bodendruck eines solchen Fahrzeuges. Es wurde gemutmaßt das der Räumer S lediglich das Zugfahrzeug für ein spezielles Räumgerät sein sollte.
Das Fahrzeug bestand aus zwei Hälften die über Zapfen und hydraulische Zylinder miteinander verbunden waren. So wurde auch die Lenkung des Fahrzeuges möglich. Jede Fahrzeughälfte konnte 22° eingeschlagen (insgesamt also 44°). Da der Wendekreis trotzdem riesig gewesen wäre wählte man die Option von zwei Fahrerplätzen für Vorwärts- und Rückwärtsfahrt. Die 2,70 hohen Stahlräder waren gut gefedert da sie im Einsatz bei Minenexplosionen bis zu einem halben Meter hochspringen konnten oder in bis zu 90 cm tiefe Minenkrater fallen konnten. Die Bodenfreiheit betrug zwischen 1 m und 1,40 m. Die Stärke der Panzerplatten des Aufbaus lag lediglich bei 25 mm. Das Fahrzeug wurde von zwei Maybach HL 90 P 20-K Motoren angetrieben. Jede dieser Maschinen hatte eine Leistung von 350 PS. So sollte das Fahrzeug auf der Straße bis zu 25 km/h und im Gelände beim Minenräumen zwischen 4 und 8 km/h schnell sein. Das Fahrzeug hatte inklusive der Fahrer eine Besatzung von 8 Personen die alle über hydraulisch gefederte Sitze verfügten.
Am 4. Juni 1943 wurden dem Waffenprüfamt 5 bereits die Einzelteile des Räumer S gezeigt. Aufgrund der Bombenangriffe auf Krupp in Essen wurde der weitere Zusammenbau des Fahrzeuges nach Hillersleben verlegt. Am 10. August 1944 wurde dort dem Wa Pruef 5 das Fahrzeug nochmals vorgestellt mit der Maßgabe es bis September 1944 fertigzustellen. Am 20. Oktober 1944 wurde von Krupp mitgeteilt das, das Fahrzeug aufgrund weiterer Probleme noch nicht fertig sei, es nun aber bis zum November des Jahres fertiggestellt werden würde. Tests sollten dann in Kummersdorf stattfinden. Beim Einmarsch der Amerikaner in Hillersleben 1945 stand das Fahrzeug aber noch immer dort. Es wurde in Freie geschafft um es besser untersuchen zu können und sollte dann zur Erprobung ins Depot 0644 der Amerikaner bei Paris gebracht werden. Das Fahrzeug wurde zum Transport in seine zwei Hälften zerlegt und dann verliert sich die Spur dieses Giganten.

Der Bausatz

Schon seit einigen Jahren ist der Bausatz des Räumer S nun auf dem Markt. New Connection hat ihn zu dieser Zeit als limitierte Auflage deklariert, es ist daher möglich, dass das Modell nicht mehr zu bekommen ist.
Das Modell ist komplett aus Resin gefertigt. Alle Teile sind blasen- und verzugsfrei gegossen und zum größten Teil schon "ab Werk" versäubert. Das heißt Angüsse sind sehr fachmännisch entfernt worden. Zum Teil scheint dies bei zylindrischen Teilen auf der Drehbank passiert zu sein. So ist nur sehr wenig Nacharbeit erforderlich gewesen. Die Gummischuhe die auf die Räder geklebt werden sind ebenfalls bereits von Anguß gelöst und wurden dann in speziell angefertigte Halterungen gesteckt, um sie beim Transport vor Bruch zu schützen. Eine geniale Idee! Ätzteile liegen dem Bausatz nicht bei und sind für dieses Modell auch nicht erforderlich.

Der Bau

Nachdem alle Teile sortiert und von den wenigen Angußresten und Gußgraten gesäubert sind, beginnt der Zusammenbau mit den beiden Fahrzeughälften. Nachdem die Grundkonstruktionen zusammengebaut sind, erfolgte der Anbau der verschiedenen Kleinteile. Hierbei tauchten lediglich beim Einsetzen der Türen kleine Paßungenauigkeiten auf. Hier mußte gespachtelt werden. Bei meinem Modell lies ich eine der Türen etwas aufstehen. Für die Fahrersichtblenden liegen andere Teile bei als im Bauplan eingezeichnet. Da aber am Original bei dessen Erbeutung noch keine Sichtklappen eingebaut waren, kann über deren Aussehen nur gemutmaßt werden. Ich habe bei meinem Modell keine Sichtklappen eingebaut da ich den Original Bauzustand bei der Erbeutung des Fahrzeuges darstellen wollte.
Eine wahre Freude ist der Zusammenbau der hydraulischen Lenkung die die beiden Fahrzeughälften miteinander verbindet. Hier paßt wirklich alles super zusammen und ist sogar ohne Nacharbeit beweglich! Um eine höhere Stabilität zu erlangen, habe ich lediglich ein Stück Kupferrohr mit eingeklebt um ein auseinander brechen der Konstruktion an ihrem schwächsten Punkt zu verhindern wenn das volle Gewicht des Modells darauf ruht.
An den großen Scheibenrädern ist jeweils ein Gummipolster fest angegossen. Dieses wird markiert und als Standfläche benutzt. Alle anderen Gummipolster werden nun aufgeklebt. Eine unproblematische Fleißarbeit. Um eine einfache Bemalung zu garantieren wurden das Modell in folgenden Baugruppen belassen: die beiden Fahrzeughälften und die vier fertigen Räder. Durch den Kupferstift konnten die beiden Hälften später einfach zusammengesteckt werden. Die Räder wurden mit Zweikomponenten-Kleber an die Achsstummel geklebt.

Bemalung/Alterung

Ich habe lange überlegt wie ich das Fahrzeug bemalen sollte. Für mich kamen zwei Varianten in Frage. Entweder stahlgrau, also das Fahrzeug ohne einen Farbauftrag oder rostrot grundiert. Modellbaufreunde überzeugten mich von der Tatsache das ein deutsches Fahrzeug, auch wenn der Feind schon an der Tür klopft, noch ordnungsgemäß mit einer Rostschutzfarbe versehen wurde. So entschied ich mich für den rostroten Anstrich des Räumer S.
Wie alle meine Modelle habe ich auch den Räumer S zuerst mit Grundierung von Revell gespritzt. Nach ausreichender Trocknung wurde dann Revell lederbraun auf alle Ecken und Kanten aufgespritzt. Dies diente als Vorschattierung. Der Hauptanstrich erfolgte dann mit Revell 37 rostrot. Nach der Trocknung wurde ein leichtes Washing aufgetragen. Danach wurde mit leicht aufgehellter Grundfarbe trocken gemalt. Die Gummibandagen der Räder wurden matt schwarz grundiert und die Scheinwerfer erhielten einen panzergrauen Anstrich, da sie auch auf den Originalfotos wesentlich dunkler erscheinen als der Rest des Fahrzeuges.
Das eigentliche Finish erfolgte dann aber mit Pastellkreiden. Mit einem rostroten Ton wurde das ganze Fahrzeug behandelt was eine sehr realistisch matte Oberfläche zur Folge hatte, dann erfolgte ein Auftrag mit "European earth" von MIG.
Für Stiefelabdrücke auf dem Fahrzeug verwendete ich die neuen Stempel für Stiefelabdrücke von Calibre35 die mit den Farbpulvern von MIG hervorragend funktionieren.
Um diesem riesigen Fahrzeug das eintönige Aussehen zu nehmen griff ich zu einem feinen weißen Kreidestift und malte wahllos einige Kreide-Markierungen auf das Fahrzeug. Solche Markierungen sieht man oft auf Werksaufnahmen von fast fertigen und grundierten Fahrzeugen. Der Effekt am Räumer S war enorm. Die Kreidemarkierungen lockern das Modell toll auf.

Das Diorama

Da ich meinen Räumer S so bauen wollte wie er 1945 von den Amerikanern vorgefunden wurde, mußte ich natürlich auch das Diorama entsprechend gestalten. Die einfachste Lösung wäre gewesen das Fahrzeug darzustellen nachdem es von den Amerikanern ins Freie gebracht worden ist. Interessanter erschien mir allerdings die Halle zu bauen in der es vorgefunden wurde. So entstand aus Plastik und Hartschaumplatten ein Stück der Wand vor der der Räumer S stand. Korrekt wäre es gewesen eine Hausecke zu bauen aber dann hätte das Fahrzeug in der Ecke gestanden und wäre nicht mehr so gut zur Geltung gekommen. So entschied ich mich hinter dem Fahrzeug die Halle nur durch zwei große Metallpfeiler anzudeuten. Der Boden der Halle wurde aus "Raisin" gegossen. Dies ist eine Gießmasse die auf den ersten Blick wie Gips aussieht aber wesentlich schneller aushärtet und in der Endfestigkeit fast mit Gießharz zu vergleichen ist. In tolles Material welches man ab 1kg in Hobbygeschäften bekommt. Nachdem die Gießmasse ausgehärtet war wurden 5 x 5 cm große Quadrate eingeritzt und an den Kanten unregelmäßig abgebröckelt.
Zur Ausgestaltung des Dioramas dienten verschiedene größere Teile aus der viel zitierten Grabbelkiste. Die Figur ist von Corpus (#35-002) und wurde unverändert verwendet.
Mein Diorama stellt nun den Räumer S kurz vor der Erbeutung durch die Amerikaner dar wie er nochmals von dem letzten Arbeiter in Augenschein genommen wird bevor auch dieser sich vor dem anrückenden Feind in Sicherheit bringt und den Koloß seinem Schicksal überläßt.

Fazit

Da ich mir selbst einmal die Maßgabe gesetzt habe nur Fahrzeuge zu bauen die es auch wirklich gegeben hat ist der Räumer S so ziemlich eines der letzten zu realisierenden Projekte im Bereich Wehrmacht. Einen E-100 würde ich auch nur in dem Zustand bauen wollen wie er 1945 vorgefunden wurde, auch ein Projekt welches vielleicht eines Tages verwirklicht wird.
Der Räumer S faszinierte mich seit langem und als New Connection den Bausatz auf den Markt brachte war das für mich ein Muß. Leider hat es wieder einmal sehr lange gedauert bis das Modell fertigt war, aber an mangelnder Qualität des Modells hat dies sicherlich nicht gelegen. Im Gegenteil die Fertigungsqualität diese Bausatzes halte ich für absolut vorbildlich!
Zudem ist der Räumer S ein Modell welches man ohne große Recherchen, Fotomaterial und Unterlagen bauen kann da es nur wenige Fotos des Originals gibt und die zeigen eindeutig die tolle Detailierung und genau Umsetzung in den Maßstab 1:35 durch New Connection!

Preis / Leistung: ***** Paßgenauigkeit: *****
Detailierung: ***** Schwierigkeitsstufe: *****

Empfohlene Literatur:

  • Waffen Revue Nr. 91, Journal-Verlag Schwendt GmbH
  • Panzer Tracts No. 14, Darlington Productions Inc. Maryland, USA
  • Waffen-Arsenal Bd. 68, Deutsche Spezialpanzer, Podzun-Pallas-Verlag
  • Spezialpanzerfahrzeuge des deutschen Heeres, Band 8 der Serie Militärfahrzeuge, W. J. Spielberger, Motorbuch Verlag

© 11/2003 Frank Schulz

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