Über die Entwicklung des Basisfahrzeuges, dem MB 4500 A, wurde bereits in den Artikeln über das gepanzerte Fahrzeug mit 5 cm Flak 41 vom gleichnamigen Hersteller sowie dem Plastikspritzguß-Bausatz von Zvezda berichtet. Daher hier nur ein kurz gehaltener technischer Überblick: Die Wehrmacht erhielt vom Typ „S“ (Hinterachsantrieb) und der „A“-Version (allradgetrieben) etwa 9000 Exemplare, die teils mit Stahlkabine, aber auch mit offenem bzw. Einheitsfahrerhaus versehen waren. Dazu kamen noch ca. 1500 mit Kettenlaufwerk versehene Maultierfahrzeuge (Typ „R“). Der Dieselmotor leistete mit 112 PS eine Höchstgeschwindigkeit von ca. 65 km/h (Straße) und im Gelände ca. 43 km/h, während der Fahrbereich bei der Allradvariante 500 km (Straße) bzw. 330 km (Gelände) betrug. Das Raketensystem „Taifun“: In der gängigen Literatur ist unter dem Projektnamen „Taifun“ weitestgehend nur zu lesen, dass es sich um 10 cm Flakraketen handelte, die als ungelenkte, pfeilstabilisierte Raketengeschosse konzipiert waren, welche mit einem Vierfachleitwerk versehen wurden. Experimentiert hat man dabei sowohl mit einem Flüssigkeits-, als auch mit einem Feststoff- bzw. Pulverantrieb. Es war geplant, mit diesem System Flugzeuge in Höhen von bis zu 10000 Metern wirksam zu bekämpfen. Das ca. 2 Meter lange Raketengeschoß sollte aus Mehrfachwerfern von bis zu 48 Raketen verschossen werden. Aufgebaut wurde zumindest ein Prototyp auf die Lafette der 8,8 cm Flak 36/37, wobei man auch die Konstruktion der Abschussvorrichtung auf einer Panther-Wanne zumindest zeichnerisch erfasste. Die Entwicklungsarbeiten wurden Anfang 1944 aufgenommen. Aufgrund der im Jahr 1944 immer knapper werdenden Ressourcen konnten die ballistischen Tests erst im Januar 1945 beginnen, wobei man alsbald feststellte, dass die Raketen instabil flogen, sofern sie die Startvorrichtungen mit zu geringer Geschwindigkeit verließen. Daher arbeitete man fieberhaft ein neues Rampensystem mit längeren Startschienen aus. Die Konstruktionsarbeiten besaßen höchste Priorität, so dass das Projekt „Taifun“ sogar in das Führernotprogramm aufgenommen worden war. Bis Kriegsende sollen noch einige Hundert Geräte fertig gestellt worden sein (von der 10cm Variante). Ob diese Variante eingesetzt wurde, ist unbekannt. Gelegentlich wird in der Literatur ebenfalls im Zusammenhang mit (dem) Projekt „Taifun“ die Arbeit an Raketen der Kaliber 21 bzw. 35 cm erwähnt. Nicht ganz zu klären war dabei, ob es sich hier ebenfalls um Flakraketen oder auch solche handelte, die artilleristisch bzw. für beide Einsatzmöglichkeiten zu verwenden waren. Möglicherweise handelte es sich aber auch um unterschiedliche Waffensysteme, die unter dem gleichen Suggestivnamen entwickelt worden sind. Fakt ist jedenfalls, dass es tatsächlich ein kaum bekanntes Erprobungskommando unter Leitung von Dipl. Ing. Dr. Scheuffelen gab, welches bei Kriegsende mit einsatzfähigen 21 cm „Taifun“-Raketen im bayerisch-tirolerischen Grenzgebiet (für die „Nordlichter“ so in etwa die deutsch-österreichische Grenze) mit 2 Batterien in amerikanische Gefangenschaft geriet. Ein Teil der Konstruktionsunterlagen, die beim Herannahen der Amerikaner eigentlich vollständig hätten vernichtet werden müssen, blieben erhalten und wurden von einem Bauern sichergestellt. Sie sind heute noch existent, wobei ich die Gelegenheit hatte, einen Teil der im Original erhaltenen Blaupausen selbst ansehen zu können. Anfang April 1945 hatte die im damaligen Reichsprotektorat befindliche Firma Skoda Pläne für den Aufbau einer mobilen, mit 3 Startschienen versehenen Abschussrampe zur Montage auf ein ursprünglich eigenes Lastfahrzeug der 4,5 Tonnen-Klasse (nach den vorhandenen Unterlagen 3-achsig) erstellt. Sie wurde mit einem einfachen, mittels Handrad zu bedienenden Höhenrichtwerk versehen. Von dieser Vorrichtung aus wurden Taifun-Raketen mit Kaliber 21 cm gestartet, die der weniger aufwendigen Handhabung wegen mit größter Wahrscheinlichkeit Feststoff-Antriebe besaßen und um einiges länger als die ursprünglich vorgesehenen 2 Meter waren. Die Startschienen bestanden aus einer einfachen Metallrohr-Gitterkonstruktion, die wieder-um in der Länge aus zwei gleichen Teilen zusammengeschraubt werden musste, um die nötige Rampenlänge zu erhalten. Für den Transport (und die Sicherung) der Raketen wurden diese Hälften während der Fahrt übereinander mit Abstandshaltern so verschraubt, dass die Taifun-Raketengeschosse sicher dazwischen gelagert werden konnten. Beim Abschuss musste man das Fahrzeug mittels 4 seitlich angebrachten Stützen und die Rampe selbst an dem auf dem Boden aufliegenden Heckteil mit 2 Erdspornen stabilisieren. Da bedauerlicher Weise bis heute keine Fotos dieser Abschussrampen bzw. von der Erprobungseinheit bekannt geworden sind, ging Schatton von der widerlegbaren, jedoch sehr naheliegenden Vermutung aus, dass diese Abschussvorrichtungen auf zu dieser Zeit vorhandenen 4,5 Tonner von Mercedes-Benz Typ 4500 A aufgebaut worden sein könnten. Von Skoda war ein 3-achsiges Fahrzeug der 4,5 Tonnen-Klasse zum damaligen Zeitpunkt jedenfalls nicht verfügbar. Einleuchtend erscheint auch, dass es sich dabei um LKWs mit gepanzerter Kabine gehandelt haben könnte, um einmal das Fahrerhaus gegen die Hitze des Feuerstrahls beim Start zu schützen und andererseits auch der Besatzung einen gewissen Schutz gegen Tieffliegerangriffe usw. zu verleihen, was wiederum zulässt, bis zum Beweis des Gegenteils einen gepanzerten MB 4500 A in der für die gepanzerten Flak-LKWs mit 3,7 cm Einzel- oder 2 cm Vierlingsflak konstruierten Version als Basisfahrzeug zu verwenden. Denkbar wäre ggf. auch ein in gleicher Weise ausgerüsteter Büssing-NAG 4500 A gewesen.
Der Komplettbausatz von Schatton-Modellbau präsentiert sich in einer sehr stabilen, geräumigen Kartonverpackung, die mit verschiedenen Ansichten eines gebauten und lackierten Modells versehen ist. Neben den Resinteilen findet der Modellbauer noch eine Platine sinnvoll ergänzender Fotoätzteile, Gittermaterial aus Zinnbronze für die klappbaren Seitenwände, einen Bogen mit Naßschiebebildern Verladeklassen, Geschwindigkeitsvorgaben und Anzeigen für das Armaturenbrett sind auch dabei Draht für das Bremsgestänge und einen reichhaltigen, farblich gestalteten Bauplan, der kaum Fragen offen lässt. Vorweg gesagt, Nacharbeiten wie bspw. Entgraten und Versäubern sind grundsätzlich nur im werkstoffbedingten Mindestmaß notwendig. Die Komponenten sind teilweise außerordentlich filigran gegossen, wobei ich so gut wie keinen Verzug oder Blasenbildung (von einigen winzigen Ausnahmen abgesehen) feststellen konnte. Die Verarbeitung ist wirklich ausgezeichnet.
Zunächst begann ich mit der Montage der Chassis. Die Rahmen wurden vorsichtig mittels feiner Miniatursäge vom Anguß befreit. Ergänzt habe ich jeweils ein Teil des Bremsgestänges anhand von Vorbildfotos, da dies leider im Bausatz nicht berücksichtigt worden ist. Die Räder weisen ein recht ansprechendes Profil auf und wurden mit sehr schön ausgeführten Felgen versehen. Selbstverständlich können die Vorderräder eingeschlagen dargestellt werden. Die Paßgenauigkeit der Chassisteile ist sehr gut, Nacharbeiten fielen nur im werkstoffbedingt Notwendigen an. Grundsätzlich ist der Motorraum nur in geschlossener Darstellung vorgesehen, er kann aber wie später geschildert durchaus geöffnet gebaut werden.
Die Aussparung für das Heckfenster sollte in jedem Fall mit einer kleinen, dünnen Plastikplatte verschlossen werden, da davon ausgegangen werden kann, dass dies zur Vermeidung von Brandschäden durch den Abgasstrahl der Raketen beim Original ebenso gehandhabt worden sein könnte. Der Anbau der diversen Kleinteile wie Zughaken, Scheinwerfer, Verschlüsse der seitlichen Motorraumklappen, Peilstangen aber auch Schalthebel und Pedale etc. im Führerstand u.v.m. erfolgt nach Maßgabe des Bauplans völlig problemlos. Da sehr viele Komponenten verhältnismäßig dünn gegossen wurden, sollte das Modell bzw. dessen Teile vorsichtig angefasst werden, so man Bruch vermeiden möchte. Fingerspitzen-gefühl und Geduld sind hierbei besser, als Hudelei und Grobmotorik. Sehr ansprechend und das Modell erheblich aufwertend stellen sich die geätzten Kühlergitter und Mercedessterne dar. Die fotogeätzten Rückspiegel wurden durch kleinere Exemplare im Eigenbau ersetzt.
Große Vorsicht sollte beim Versäubern der Seitenwände walten, die ja eigentlich nur einen dünnen Rahmen bilden. Dies ist nur mittels ruhiger Hand und scharfer Skalpellklinge möglich. Die Drahtgitter werden anschließend auf entsprechende Größe zurechtgeschnitten und eingeklebt, darauf kommen die fotogeätzten Teile Nr. P 20 als „Gegenlager“ der Querstreben. Diese „Gegenlager“ reichen allerdings nicht über die ganze Breite der Seitenwände. Ob dies dem Original entspricht oder nicht, konnte ich auf den vorliegenden Fotos nicht erkennen. Durch Verstiften könnte man bei entsprechend ruhiger Hand und nervlicher Belastbarkeit auch die Seitenwände beweglich gestalten. Ich habe sie allerdings doch lieber verklebt. Dies trifft auch für die 4 Ausleger zu, die ohne großen Mehraufwand klappbar gehalten werden können. An ganz wenigen Stellen waren einzelne, nicht vollständig ausgegossene Nietenköpfe zu ersetzen. Die vorderen Halterungen für die beiden Reservekanister sind ein wenig nachzuarbeiten und wurden mit einem kleinen, fotogeätzten Verschluß versehen.
Bei diesem Fahrzeug habe ich, im Gegensatz zur Transportversion, die Dachluken sowie die Kabinentür auf der Beifahrerseite geschlossen montiert, wobei bei Letzterer etwas Nacharbeit zum korrekten Einpassen in die Fahrerkabine nötig war. Die Seitenwände der Pritsche wurden zusammen mit den Seitenstützen abgeklappt angebaut. Beim Transportfahrzeug sind diese Komponenten hochgeklappt und verriegelt dargestellt.
Mit diesen wenigen „Kunstgriffen“ erhält man ein zum „Abschußfahrzeug“ optisch klar abweichendes Modell, so dass auch die beiden nebeneinander stehenden Fahrzeuge nicht identisch oder gar langweilig wirken. Das ist jedoch Sache des individuellen Geschmacks. Die Abschuss-Vorrichtung nebst Raketen:
Der Höhenrichtmechanismus kann durchaus beweglich gehalten werden. Ggf. sollte der Modellbauer die Teile G-12 noch weiter aufbohren, um die Stempel G-11 in voller Länge ein- bzw. ausziehen zu können. Wahlweise sind diese jedoch auch zu kürzen. Die Raketen sind einfach zusammen zu bauen. Die Heckteile G-8 klebt man plan an den Raketenrumpf G-7. Danach befestigt man die Heckflossen an den dafür angezeichneten Stellen - fertig. Wichtig ist dabei, dass alles gerade bzw. im richtigen Winkel angeklebt wird. Die Raketen ruhen sowohl in Schuß- als auch Transportposition einfach auf den Oberseiten ihrer Startschienen.
Das Altern der Laster bewerkstelligte ich durch Unterlegen der Kanten und Vertiefungen mit dunklen Farbpigmenten (ähnlich Pastellkreide, aber farbintensiver) der Firma Kremer (Eisenbahnbedarf) bzw. MIG sowie nach Auftrag einer Schicht matten Klarlacks (Xtra-Color) nebst 48 Stunden Trocknungszeit „Waschen“ mit stark verdünnter, schwarz-brauner Ölfarbe. Die Modelle wurden im Bereich der Chassis, Kotflügel, Fahrerkabinen sowie der Pritschen noch mit braun-grauer Pastellkreide leicht „verstaubt“. Zuvor habe ich diverse Kratzer, Lackabsplitterungen und Roststellen angebracht, um einen „strapazierteren“ Eindruck der Fahrzeuge zu vermitteln. Die linke vordere Felge des Transport-Lasters stellte ich mit panzergrauer Grundierung und relativ starken Roststellen dar; eine kleine Spielerei am Rande. Bei den Beschriftungen beschränkte ich mich auf die Nummernschilder sowie Geschwindig-keitsvorgaben an den Türen. Ob es sich um LKW des Heeres oder der Luftwaffe gehandelt hat, ist mir nicht bekannt. Ich entschied mich für Nummernschilder einer Heereseinheit. Die Raketen lackierte ich in neuwertigem Zustand, weil dies einen guten Kontrast zu den doch etwas strapaziert wirkenden Fahrzeugen bildet. Deren Grundierung nahm ich mit Dunkelgrün RLM 82 (MM 2091) vor, über das nicht voll deckend mit 10 Prozent Weiß aufgehelltes Olivgrün RLM 80 (MM 2089) gespritzte. Die Gefechtsköpfe hielt ich in Schwarz, die Zünder in Weiß. Ob dies in Echt nun so gewesen sein könnte oder nicht, sei dahin gestellt; deswegen zu streiten ist so überflüssig wie ein Kropf, da wir hierüber keine Kenntnisse besitzen. Möglicherweise könnten die Raketen genauso gut auch nur in blanker Metallfarbe oder aber mit einem Tarnanstrich versehen gewesen sein (und für die, die sich über alles aufregen und alles besser wissen: Malt sie doch einfach rosa oder violett oder gelb oder lila an.).
Wieder einmal überzeugt die Qualität dieses Schatton-Bausatzes absolut. Hier stimmen die Details ebenso wie die Güte der Verarbeitung. Gewiß ist der Preis von ca. 175,00 Euro nicht gerade billig und jeder muß natürlich selbst entscheiden, wie viel er gerade heutzutage für sein Hobby ausgeben kann und will. Sicher bleiben hinsichtlich der Umsetzung des Taifun-Projektes aufgrund der leider nur spärlich vorliegenden Angaben viele Fragen bis dato ungeklärt und etliches im Bausatz dargestellte beruht auf wenn auch logischen Vermutungen. Dennoch möchte ich dieses ganz besondere Modell nicht in meiner Sammlung vermissen und kann den Bausatz gerne weiterempfehlen.
Literaturhinweise (Auswahl): Waffen-Arsenal Sonderband S-67: Manfred Griehl, Deutsche Flakraketen bis 1945 - Podzun-Pallas-Verlag Fritz Hahn: Waffen und Geheimwaffen des Deutschen Heeres -Bernard & Graefe-Verlag 1933 - 1945 Terry Gander, Peter Chamberlain : Enzyklopädie deutscher Waffen 1939 1945 - Motorbuchverlag © 01/2010 Volker Andorfer |