Bereits im Zweiten Weltkrieg setzte die Wehrmacht vierachsige, gepanzerte Spähfahrzeuge mit Allradantrieb ein. Als eigenständige Systeme dienten sie einer neuen Waffengattung, den Panzeraufklärern. Das SdKfz 234/2 PUMA stellt einen Meilenstein dar, an dessen Erfolge man sich in den sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts in Westdeutschland wieder erinnerte, als mit der Konzeption eines neuen Spähfahrzeugs für die Bundeswehr begonnen wurde. Ziel war der Ersatz des damaligen Schützenpanzers SPz kurz 11-2 HOTCHKISS, bei dem sich abzeichnete, daß er den taktischen Anforderungen nicht mehr gerecht werden würde. Doch es sollte bis 1975 dauern, bis die ersten von 408 Spähpanzern 2 LUCHS an die Truppe ausgeliefert wurden. Beibehalten wurden das 8x8-Antriebskonzept, die taktisch bedingte Ausführung mit einem Vorwärts- und Rückwärtsfahrer sowie der drehbare Turm mit Kanone, diesmal jedoch eine Bordmaschinenkanone RHEINMETALL 202 Mk 20 mm. Akustisches Feintuning gegen vorzeitige Entdeckung, eine integrierte ABC-Schutzbelüftungsanlage, beschußfeste Reifen und die Schwimmfähigkeit in Verbindung mit einem Propellerantrieb sind nur einige Features, die den LUCHS von seinem (inoffiziellen) Vorgänger unterscheiden. Sein Zehnzylinder-Vielstoffmotor entwickelt bei 2500 U/min eine Leistung von 287 kW (390 PS). Er liegt als Block zusammen mit einem Automatgetriebe im hinteren Teil der aus Stahl geschweißten Wanne. Bis zu Geschwindigkeiten kleiner 30 km/h können alle vier Achsen gelenkt werden, oberhalb von 30 km/h nur die vorderen. Trotz seiner Länge ist der LUCHS damit erstaunlich beweglich (Ein Kampfpanzer Leopard 1 ist kürzer und niedriger!). Im Rahmen von Bedarfsinstandsetzungen wurden die Fahrzeuge von 1980-1983 mit einem Doppelgurt-Zuführer (DGZ) für wahlweise Sprengbrand- und Hartkern-Munition nachgerüstet (LUCHS A1). Weitere Kampfwertsteigerungen ab 1985 beinhalteten den Einbau von Wärmebildgeräten, sodaß der IR/Weißlicht-Schießscheinwerfer entfallen konnte. (LUCHS A2). Bei den sich in Auslandseinsätzen befindlichen Fahrzeugen (IFOR, SFOR) sind inzwischen auch GPS-Navigationsanlagen mit einer zusätzlichen Datenfunkantenne nachgerüstet worden. Trotzdem sind die Tage des LUCHS’ in der deutschen Truppe schon gezählt. Die letzten Luchse werden 2009 ausgemustert.
Den einzig derzeit im Maßstab 1:35 verfügbaren Spähpanzer LUCHS bietet die Firma REVELL Deutschland an. Obwohl das Original inzwischen auch international bekannt ist, hat kein anderer Hersteller dieses Modell jemals im Programm geführt. Überhaupt muß man es REVELL hoch anrechnen, daß sie das Thema Bundeswehrmodellbau so tapfer verfolgen. Aktuellster Beweis ist der neue Raketenjagdpanzer JAGUAR. Das Modell taugt durchaus als „aus der Box gebaut“. Man kann es aber genausogut als solide Basis für kleinere und größere Umbauten verwenden. Der Bausatz ist übersichtlich gestaltet, Probleme beim Zusammenbau dürften sich nicht ergeben. Die Proportionen wurden gut getroffen. Im Vergleich mit den mir vorliegenden Daten zeigen die wichtigsten Abmessungen keine nennenswerten Abweichungen zum Sollwert. Einzig der Federweg der Achsen scheint mir nicht so recht zum Original zu passen. Wanne und Turm können mit allen relevanten Anbauteilen bestückt werden. Das Fahrwerk enthält alle wesentlichen Achs- und Aggregatekomponenten und vermittelt bis auf die phantasievollen Gelenkwellen einen soliden Eindruck vom Original. Was nicht erkennbar ist und was fehlt ist die „Bootsform“ im Bereich der Seitenwanne. Letztere läuft beim Original in einem Winkel von etwa 8° nach innen ein, während sie beim Modell senkrecht zum Boden steht. Auch das Design der Räder kann man dem Vorbild beim besten Willen nicht zuordnen.
Von vornherein sollte das Modell einer kampfwertgesteigerten Version A1 des LUCHS’ aus den frühen 80er-Jahren gebaut werden. REVELL weist auf diese Option hin und liefert die entsprechenden, die Variante kennzeichnenden Bauteile gleich mit (BMK-Rohr, Turmoptiken, Weißlichtzielscheinwerfer). Nicht unterschieden wird die Räderausführung. Hier scheint sich REVELL auf eine mir unbekannte, aber sehr neuzeitlich wirkende Bereifung festgelegt zu haben. Um die wunderschöne Form des Fahrzeugs wirken lassen zu können, sind eine Reihe von Umbauten durchgeführt worden, die nun im einzelnen und etwas detaillierter, nach Fahrzeugbaugruppen geordnet, beschrieben werden sollen. An Zurüstteilen wurden die folgenden Artikel verbaut:
Die schrägen Wannenseitenteile wurden zuerst grob mit einer Feile in den einer Maßstabszeichnung entnommenen Schrägungswinkel von 8° gefeilt. Die Nacharbeit erfolgte mit Schmirgelpapier verschiedener Körnung, das auf längliche Plastikstreifen von ca. 5mm Dicke geklebt worden war. Dieser Arbeitsschritt erwies sich als sehr mühselig, da immer wieder vermessen und abgeglichen werden mußte. Es war wichtig, daß keinesfalls zuviel Material abgenommen wurde. ![]() Im nächsten Schritt war eine saubere Trennkante zwischen Ober- und der darunterliegenden, etwas zurückgesetzten Unterwanne darzustellen. Dazu wurde ein kleiner Plastikstreifen auf den unteren Abschluß der Oberwanne aufgeklebt, der anschließend nach oben hin verschliffen wurde. Die Panzerbleche an der Unterwanne, die bündig an die Oberwanne grenzen, wurden entsprechend mit Spachtelmasse aufgefüllt und mit schräg verlaufenden Schweißnähten aus kleinen Plastikraupen abgeschlossen. Die Raupen entstanden aus dünnen Plastikfäden, die zuvor mit Klebstoff angelöst worden waren und nach Positionierung im Trocknungsvorgang mit dem Skalpell in Form gebracht wurden. Der in Fahrtrichtung rechts über der dritten Achse liegende Wannenausschnitt ist analog zur linken Seite als Aussparung für einen Aufstiegstritt gedacht worden. Am Original gab es diesen nicht, deshalb wurde der Ausschnitt mit Plastic Sheet verschlossen und verspachtelt. Das Bordwerkzeug wurde entweder neu aufgebaut oder verfeinert. So entstanden die Schaufelblätter aus Ätzteilen mit selbstgefertigten Stielen. Am Bolzenschneider und der Axt wurden die Griffe neu aufgebaut, das Sägenblatt und die Halterung entstammen dem Ätzteilesatz, der zugehörige Griffbügel wurde aus plattgedrücktem Messingrundprofil geformt. Sämtliche Halterungen sind von EDUARD oder wurden teilweise aus Plastikstreifchen neu erstellt.
Sämtliche Haltegriffe wurden aus Messingdraht gebogen. An den Aufstiegshilfen auf den Seiten der Oberwanne wurden die entsprechenden Stützen (ebenfalls aus Draht) angepaßt und mit Sekundenkleber fixiert. Dabei sind die unterschiedlichen Dicken der Halterungen im Original zu berücksichtigen. Zu zierliche oder überdimensionierte Haltegriffe wirken spielzeughaft. D Leider fehlt beim Bausatz die Wartungsluke für Motoröl. Mit einem Kreisschneider wurde sie eingraviert und mit kleinen Plastikstreifchen zur Darstellung der Scharniere und Draht für den Griff verfeinert.
Das auf dem Bug liegende Schwallblech wird beim Original beim Durchqueren von Gewässern nach vorn geklappt. Damit soll ein Überspülen des Fahrzeugs durch die (erste) Bugwelle verhindert werden. Am Bausatzteil wurde an der Vorderkante das Profil mit Plastikstreifen überarbeitet, das unter dem Blech auf der Wanne liegende Gestänge neu aufgebaut und die seitlichen Gelenke mit Ätzteilen verfeinert. Wichtig ist die richtige Montage des Blechs auf dem Fahrzeugbug. Das Schwallblech soll sich der Wannenform anpassen und an keiner Stelle abstehen.
Für die Rückspiegel und deren Sockel wurden Zinngußteile von MR verwendet. Die Spiegel selbst sitzen auf einem Stück gebogenen Messingdraht. Für die Sockel wurden passend angewinkelte Ständer aus MS-Blechen gefertigt. Die Blinker des Bausatzes wurden abgeschnitten und durch 1:87er HERPA-Rundumkennleuchten orange ersetzt. Über die Blinker wurden noch dünne Kupferdrähte gebogen, die im Original die Blinkergläser vor Bruch schützen sollen.
D Die Frontscheinwerfer wurden durch Resinabgüsse der TAMIYA-Leuchten vom Leopard 2-Bausatz ersetzt. Für die zugehörigen Schutzbügel, an denen auch die o. g. Spritzlappen befestigt wurden, mußte in mehreren Gängen Messingdraht in Position gebogen werden. Eine aufwendige Arbeit, da man beim fertigen Modell sehr gut erkennen kann, ob Schiefstellungen und Verbiegungen tatsächlich das Ergebnis von „Zusammenstößen“ sind, oder ob der Erbauer einfach nur nachlässig gearbeitet hat. In Fahrtrichtung rechts wurde unterhalb des Scheinwerfers noch eine kleine Hupe aus zwei Lagen Plastic Sheet montiert. Die vorderen Abschleppschäkel wurden dem MR-Zurüstsatz für BW-Fahrzeuge entnommen, feingeschliffen, mit einer Bohrung versehen und ebenfalls mit Bolzen und Splinten gesichert. Die Wartungsklappe links oben am Heck wurde ebenfalls neu graviert (Zirkel mit zwei Spitzen, Einstichloch anschl. verspachteln) und mit einem selbstgebauten Hebel und Scharnier versehen. Der rechts neben der Luke liegende Kennzeichenträger wurde aus Messingblech gebogen und mit kleinen Leuchteinheiten aus Plastikprofilen detailliert. Um die richtigen Proportion zu erhalten, wurden die Rücklichter aus Plastiksheet neu aufgebaut. Auf die Oberfläche wurden entsprechend zugeschnittene Klarsichtplatten geklebt, die später bei der Lackierung mit TAMIYA-Glasmalfarben lackiert wurden. Die Nachtfahrrücklichter entstanden ebenfalls aus Plastikmaterial.
Die im Bausatz enthaltenen Gelenkwellen sind konstruktiv als solche nicht erkennbar. Demzufolge wurden dem REVELL 10-Tonner-Bausatz die passenden Wellen mit Kreuzkopfgelenken entnommen. Die Wellen selbst wurden aus Rundprofilen selbstgebaut. Die Anbindung an Verteiler- und Achsgetriebe mit Kreuzkopfgelenken ist bauartbedingt einfach, sie lassen sich beim LUCHS durch einfaches Biegen schnell anpassen.
Auch die Achsschenkel und Radlager des LUCHS’ mußten relativ aufwendig überarbeitet werden. Dazu wurden die Achsenden ausgefräst und mit entsprechend zugeschliffenen Kugelgelenken bestückt. Letztere entstanden aus den Teilen 14 des Bausatzes, die normalerweise die Räder auf den Achsbolzen fixieren. Auf den Achsschenkeln sitzen Blechpakete mit Verschraubungen, die aus Plastikplatten und Muttern aus Sechskantprofilen aufgebaut wurden. Die Achsen selbst wurden an den Stoßdämpferaufnahmen verfeinert und jeweils mit selbstgebauten Ölablaßschrauben bestückt. Bremsleitungen zu den einzelnen Rädern wurden mit feinem Lötdraht nachgebildet, die zum Schutz gegen Steinschlag hinter kleinen Messingplatten verlaufen.
U Der Rest des Fahrwerks mit den zahlreichen Stabilisatoren und Lenkgestängen konnte direkt aus der Box gebaut werden. Wer ganz genau gehen will, kann das geschlitzte Schutzblech über dem Verteilergetriebe auch noch neu aufbauen. Hier wurde darauf verzichtet, weil es praktisch nicht eingesehen werden kann. Turm
Für den Bereich des Turmdachs rechts neben dem Zielscheinwerfer wurde nicht das zugehörige EDUARD-Ätzteil 15 verwendet, sondern ebenfalls mit Plastikplatten eine entsprechende Form über die Originalgeometrie gelegt.
Das REVELL-Rohr der Bordmaschinenkanone 20mm sollte auf jeden Fall durch das hübsche SCHATTON-Rohr ersetzt werden. Die filigrane Ausführung des Mündungsdämpfers ist ein optischer Genuß! Der gesamte Turm wurde mit Schweißnähten aus gezogenen Gußästen verfeinert. Sie wurden mit Kunststoffkleber angelöst, aufgelegt und mit einer angeschnittenen Spritzenkanüle bearbeitet.
Der original Weißlichtzielscheinwerfer mußte mit Plastic Card aufgefüttert und mit Messingklappen vervollständigt werden. Der zugehörige Haltegriff entstand wiederum aus feinen Plastikprofilen.
Auch die Luken von Kommandant und Richtschütze wurden verfeinert. Dazu gehören die mehrteiligen Schwenkarme, Haltegriffe und Verschlüsse. Der Hebe- und Schwenkmechanismus zum Öffnen und Schließen der Luken blieb funktional erhalten.
Für die Nebelbecher wurden die wunderschönen Messingdrehteile von VOYAGER verwendet. Auch wenn sie vielleicht einer moderneren Variante entsprechen, wurden sie trotzdem montiert. Zusammen mit den Kettchen ist der optische Eindruck einfach umwerfend.
Die Lackierung und das Finish des Modells erfolgten in insgesamt sieben Arbeitsschritten. Mit der hier beschriebenen Vorgehensweise soll kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben werden. Es scheint aber, daß mit diesen Schritten gute Ergebnisse speziell beim Finish von Bundeswehrmodellen erzielt werden können. Diese Fahrzeuge sind im Original über Jahrzehnte hinweg gepflegt worden mit einer Logistik im Hintergrund, die die Truppe nur selten zu Improvisierungen zwang. Entsprechend behutsam sollte man auch Alterungstechniken am Modell anwenden.
I
Nach erneutem Versiegeln mit Seidenmatt simuliert ein behutsames Drybrushing mit stark aufgehelltem Gelb-Oliv den Mikro-Abrieb von Lacken. Gleichzeitig betont es hervorstehende Ecken und Kanten. Daß bereits umgesetzten Maßnahmen (insbesondere Kratzer und Verlaufsspuren) damit wieder geringfügig abgetragen werden, ist ein teilweise willkommener Effekt. Verlassen sollte man sich aber nicht darauf.
Zum Schluß erfolgt die Verschmutzung mit dem, was ein Originalfahrzeug von der Fahrbahn aufwirbelt und auf sich selbst quasi „ablegt“. Meist handelt es sich dabei um Staub und Erdreich. Die Unterwanne wurde hierzu kräftig mit eingetrockneter Farbe bekleckst. Sie war körnig genug, daß der Eindruck von verkrustetem Schlamm entstand. Heck-, Bug- und Seitenbereiche wurden nur spärlich mit Farbe vorbehandelt. Das Fahrzeug sollte nicht im Dreck versinken, da ansonsten zuviele Details des Finishs verlorengegangen wären. Alle Teile wurden von unten nach oben abnehmend mit verschiedenen Farbpigmenten eingestaubt, zum Teil in mehreren (=vielenvielenvielen) Arbeitsgängen. Getreu der Devise „Dreck fliegt von unten nach oben und von vorne nach hinten“ ergab sich so die Hauptarbeitsrichtung. Auf der Oberwanne und an den seitlichen Aufstiegen ist zu beachten, daß durch Besatzungsmitglieder Dreck in undefinierter Menge eingeschleppt wird. Die Verwendung spezieller Stempel zum Aufbringen von Stiefelabdrücken erscheint aber wenig sinnvoll: der arme Soldat müßte seinen nur (!) auf dem Profil verschmutzten Stiefel vom Boden abheben, den Panzer erklettern ohne weiteren Fußkontakt, um dann oben angekommen der Oberfläche erstmal einen sauberen Abdruck zu verpassen - realistisch? Wer’s mag ...
Der REVELL-LUCHS in 1:35 ist ein Bausatz, bei dem Licht und Schatten sehr nahe beinander liegen. Erfreulich, daß REVELL als einziger Hersteller dieses Modell im Programm führt und damit auch eine solide Basis (für Umbauten) abliefert. Die zweifelhafte Wannen- und Turmgeometrie sind klare Minuspunkte, da sie sich nur unter erheblichem Aufwand korrigieren lassen. Alle übrigen Schwachstellen sind relativ einfach zu beheben.
Empfohlene Literatur: © 11/2009 Christoph Oerleke |