Die Entstehungsgeschichte dieses „Halbketten-Exoten“, der im Original nur in zwei Exemplaren als Kampffahrzeug in den nachgewiesenen Einsatz kam, und das noch dazu in Nordafrika, ist hoch interessant. Die ursprüngliche Entwicklung beruhte auf einer Forderung des Heereswaffenamtes (HWA) und reichte mit seinen Wurzeln bis in das Jahr 1936 zurück. Damals beteiligte sich Büssing-NAG an dem Entwurf eines gepanzerten Halbkettenfahrzeuges, bei dem der Motor im Fahrzeugheck und eine 7,5 cm Kanone bevorzugt zur Panzerabwehr (gedacht war hier vor allem an einen Waffengang gegen Frankreich mit seinen schweren Kampfpanzern Char B-2 und C etc.) in einem Drehturm auf dem Dach der Fahrzeugwanne untergebracht werden sollte. Bereits zwischen 1936 und 1938 konnte das erste Versuchsmodell der 7,5 cm Selbstfahrlafette L/40,8 mit einem von Rheinmetall-Borsig hergestellten Panzeraufbau das Chassis kam von Büssing-NAG mit der Bezeichnung BNL6(H) fertig präsentiert werden. Die Entwicklung zeitigte ein für die damalige Zeit sehr innovatives Gerät mit einer äußerst effektiven Hauptbewaffnung (man bedenke, dass der damals schwerste deutsche Kampfpanzer IV nur mit der kurzen 7,5 cm KwK L/24 ausgerüstet war). Bei Büssing-NAG waren für die erste Versuchsreihe 3 Fahrgestellnummern von 2006 2008 für dieses später mit BN10(H) bezeichnete Chassis gelistet. Aus Januar 1940 datieren Bilder des 3. Versuchsgerätes mit stark verbessertem Panzeraufbau, geänderter Frontpartie sowie neuen Laufwerkskomponenten. Alle drei Prototypen unterschieden sich in ihren Abmessungen sowie der Feuerhöhe. Sie wurden noch im Jahre 1940 zahlreichen Tests unterzogen. Ein Fronteinsatz erfolgte jedoch nicht. Zahlreiche Ergebnisse der Versuche mit diesen Geräten flossen allerdings in die Neukonstruktion der Panzerselbstfahrlafette II mit 7,5 cm Kanone L/41 auf Zgkw. 5t (HKP 902) ein, welche gleichfalls auf den Entwicklungsauftrag von 1936 zurückzuführen war. Wieder ergab sich eine Kooperation zwischen Rheinmetall-Borsig (Geschütz und Panzeraufbau) mit Büssing-NAG (Chassis und Antrieb). Insgesamt wurden 4 Fahrgestelle mit den Nummern 9009 9012 gebaut. Davon versah der Hersteller 2 Stück mit dem gepanzerten Aufbau nebst oben offenem Drehturm und 7,5 cm K L/41, ein Fahrgestell erhielt später einen Spezialaufbau als V-2-Feuerleitfahrzeug (durch Fotos ebenfalls belegt), ein weiteres Fahrgestell soll angeblich was jedoch bisher nicht nachgewiesen ist laut Spielberger Bd. 6 Halbkettenfahrzeuge, für den Aufbau einer 5 cm Flak 41 vorgesehen gewesen sein. Andere Quellen sprechen davon, dass noch eine 3. Pz.Sfl. II gebaut und entweder beim Transport nach Afrika versenkt oder in Deutschland bis 1944 zu Ausbildungszwecken verwandt worden sein soll. Letzteres ist jedoch auch unsicher, da bei Rheinmetall-Borsig nur die Produktion von 2 Drehtürmen nebst 2 Panzeraufbauten dokumentiert ist. Was mit dem letzten Chassis also tatsächlich passierte, war leider bislang nicht zweifelsfrei zu klären. Mit dem 7,5 cm Geschütz bei Kaliberlänge L/41 konnte entweder die 6,8 kg schwere Panzergranate mit einer Mündungsgeschwindigkeit (V°) von 685 Metern pro Sekunde (m/s) oder die 5,85 kg wiegende Sprenggranate mit einer V° von 485 m/s verschossen werden. Insgesamt wurden 35 Granaten mitgeführt. Die Panzergranate durchschlug bei einer Schußentfernung von 1000 Metern immerhin noch 62 mm Panzerstahl (Geschützentwicklung zwischen 1936 und 1938). Im Gegensatz zur Pz.Sfl. I, die bereits über die gleiche Hauptwaffe verfügte, erhielten die für den Typ II produzierten Kanonenrohre eine Mündungsbremse. Ein Maybach HL 45 Motor mit 150 PS verlieh dem Fahrzeug eine Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h auf der Straße keine schlechte Leistung damals, zumal das Gesamtgewicht doch immerhin gut 11 Tonnen betrug. Die Panzerung schützte gegen 7,62 mm SMK-Munition (Spitzgeschoß mit Kern), leider aber auch nicht mehr. Sie betrug nach vorne 20 mm, seitlich zwischen 10 und 14,5 mm, das Aufbaudach lag bei 10,5 mm und der Wannenboden bei nur 5,5 mm Panzerplattenstärke. Die beiden Prototypen wurden im Jahre 1941 auf Drängen des HWA zunächst eingehend getestet. Daher existiert zumindest ein Foto, welche eines der Geräte in dunkelgrauem Anstrich zeigt. Im Sommer 1941 entschied man sich, die beiden Pz.Sfl. II, auch als HKP 902 bezeichnet, für den Afrika-Feldzug zu nutzen und stellte damit einen „schweren Panzer-Jäger-Zug (Sfl.)“ zusammen, der im August 1941 in Wünsdorf aufgestellt wurde. Diesen Zug gliederte man in die Panzer-Jäger-Abteilung 605 ein. Nachdem am 05.09.1941 damit begonnen worden war, das erste Fahrzeug für den Tropeneinsatz auszurüsten, wurde nach Abschluß dieser Arbeit ebenso die 2. Pz.Sfl. II umgerüstet. Ausgestattet war dieser „schwere Panzer-Jäger-Zug (Sfl.)“ mit den beiden Selbstfahrlafetten, 2 leichten gl. PKW (VW mit 4-Radantrieb also zwei der wenigen KdF-Wagen/Allrad-Käfer), und einem mittleren gl. LKW zum Munitions- und Ausrüstungstransport. Die Mannschaftsstärke des Zuges betrug insgesamt 19 Soldaten. Die erste Pz.Sfl. II wurde am 07.12.1941 von Deutschland aus in Marsch gesetzt und erreichte Tripoli unbeschadet am 05.01.1942, während die zweite Pz.Sfl. II am 23.02.1942 dort eintraf. Dies bedeutete, dass das erste Gerät rechtzeitig zur Verfügung stand, um Rommels Gegenangriff am 21.01.1942 zu unterstützen. Während eine Inventarliste am 31.03.1942 beide HKP 902 aufführt, wird bei der Kampfstaffel des PzAOK Afrika, der sie zugeteilt wurden, obgleich sie weiterhin der Panzer-Jäger-Abteilung 605 unterstanden, am 25.05.1942 bei Beginn der Operation Venezia nur mehr eine davon geführt, was gleichfalls für die Zeit vom 30.05.42 bis 02.06.42 gilt. Am 05.06.1942 wird berichtet, dass eine 7,5 Panzer-Jäger Sfl. verlustig ging, nachdem sie 3 gegnerische Panzer abgeschossen hatte. Fotos der Briten belegen dies auch. Damit dürfte der Kampfeinsatz dieser interessanten Typen sein Ende gefunden haben.
Im Sortiment des deutschen Kleinserienherstellers Schatton-Modellbau findet sich seit einiger Zeit auch der Resin-Komplettbausatz der Pz.Sfl. (Panzerselbstfahrlafette) II mit 7,5 cm Kanone L/41 auf Fahrgestell des Zgkw. 5 t.Ursprünglich hatte die ehemalige Firma New Connection-Models dieses Modell angekündigt, doch dann im Zuge der Produktionseinstellung das Urmodell an Schatton abgegeben, wobei die Serienproduktion ohne weitere Änderungen vonstatten ging. Der Schatton-Baukasten präsentiert sich in einer stabilen Kartonverpackung in der für die 1:35-Modelle dieses Herstellers üblichen orange-blauen Aufmachung. Die Teile sind sehr sorgfältig verarbeitet, Verzug oder Blasenbildung konnte ich nicht feststellen. Mit beigegeben sind Einzelgliederketten von Friul, worauf wir später noch näher zu sprechen kommen werden. Auch das Geschützrohr ist aus Resin gegossen also diesmal leider kein Drehteil. Dafür ist es aber ohne Naht vollkommen gerade ausgeformt.
Die Inneneinrichtung ist relativ rudimentär gehalten, was allerdings nicht weiter tragisch ist, da alle wesentlich sichtbaren Teile beiliegen, einschließlich der Lagerung der Bereitschaftsmunition. Meinem Modell habe ich jedoch noch ein Armaturenbrett und ein Funkgerät spendiert. Nachdem man davon später nur wenig sieht, auch wenn die Luken für Fahrer und Funker offen montiert werden, muß diese Ergänzung nicht zwingend sein. Das soll jeder so entscheiden, wie er möchte. Der Zusammenbau des Geschützes ist vollkommen unspektakulär. Der besseren Zugänglichkeit wegen beim Lackieren habe ich die Turmpanzerung nicht gleich angebracht. Nachdem der Bau soviel Spaß bereitete und rasch von der Hand ging, entschloss ich mich, noch das Laufwerk anzubauen. Dieses, nebst Tanks, Motorwanne und Getriebeteilen, birgt keine Schwierigkeiten. Nur das Rahmenteil, mit dem die gepanzerten Drehstäbe der Federung dargestellt werden,
N Das Anbringen der teils recht filigranen „Kleinteile“ wie Peilstangen, Scheinwerfer, Zughaken, Werkzeuge usw. stellt keine weiteren Anforderungen an den Modellbauer. Ergänzt wurden noch fotogeätzte Griffe der Werkzeugverschlüsse sowie eine gedrehte Funkantenne aus dem Sortiment von Schatton-Modellbau.
Wer möchte, kann den Turm drehbar gestalten, wobei ich empfehle, die Drehbühne dazu mit dem Wannenboden zu verstiften. Die Rohrwiege mit dem Geschützrohr wird bei sorgfältiger Bauweise einfach in die Lafette eingerastet und bleibt damit auch höhenverstellbar, vorausgesetzt, man hat das kleine Geschützschild an der richtigen Stelle des Kanonenrohres angeklebt, so dass das längere Teil des Schildes nach unten zwischen Wannendach und Turmdrehkranz „verschwinden“ kann. Die Laufwerksmontage geht wenn man beim Anbau der Schwingarme nicht geschlampt hat locker von der Hand. Die zum Teil als Speichenräder ausgeführten Laufrollen müssen zunächst von einer dünnen „Fischhaut“ befreit und die Naben aller Räder aufgebohrt werden. Dafür passen sie so aber ohne weitere Nacharbeiten, auch die „Spur“ stimmt. Hat man Laufrollen gerade ausgerichtet, können diese nebst Antriebs- und Leiträdern verklebt werden. Ich mache dies grundsätzlich erst nach dem Lackieren, weil es meiner Meinung nach so einfacher ist, die Bemalung korrekt anzubringen. Soll aber jeder halten wie der Dachdecker also raufsteigen … usw.
Ganz im Gegensatz zur Kettenführung um das Antriebsrad. Jenes der HKP 902 unterscheidet sich sowieso schon von denen der „normalen“ Halbketten dazu kommt aber, dass beim Urmodellbau womöglich nicht auf die Zahnreihe der „Kompromißkette“ vom 8-Tonner geachtet worden ist. Folglich müssen die Zähne der Kette in dem Bereich, in dem diese um das Antriebsrad liegt, komplett entfernt werden, weil sie nicht ins Rad einrasten können. Dies gilt für je 6 Glieder pro Antriebsrad, wobei der jeweils davor und danach liegende Gliederzahn noch zu etwa 25 bis maximal 30 Prozent stehen bleiben müssen, damit das Ein- und Austreten der Zähne in ihrer Führung am Antriebsrad vernünftig aussieht. Klartext: Pro Kette 8 Glieder von den Zähnen befreien, davon 6 komplett, vorher und nachher bleibt je ein „Stumpen“ stehen. Da ist Anpassen und genaue Arbeit nötig aber es funktioniert zumindest für ein akzeptables Ergebnis. A
Nach ausgiebiger Beratung mit Herrn Schatton und anderen Modellbaufreunden habe ich - mit Mut zur Lücke - zwei Dinge entschieden:
Fahrer- und Funkerbereich habe ich abgesehen von den sich nach außen öffnenden Luken - Cremeweiß grundiert. An allen Stellen, die später dunkelgrau bleiben sollten, das sind grob gesagt die Bereiche des äußeren Wannenbodens nebst allen Teilen der Vorderachse, des Kampfraumes, der Turminnenseite und einrichtung sowie der Drehbühne, Lafette und Rohrwiege nebst Verschlußteil der Kanone, kamen mit entsprechendem zeitlichen Abstand die Fertiglösungen aus dem „Weathering Set 072“ von AK zum Einsatz, mit einem für mich erstaunlich wirkenden Erfolg. Das Setzen der Filter in unterschiedlicher Stärke zeigte einen überraschend guten Effekt ziemlich genau wie in dem Buch FAQ 2 von MIG Jimenez beschrieben. Gleiches galt für das „Waschen“, wobei ich mich hier erstmals für einen eher punktuellen Auftrag der Flüssigkeit entschieden habe, was in Verbindung mit dem „weißen Geist“ also dem teilweisen Verdünnen und Abtönen der Farben mit „White Spirit“ auch recht gut funktioniert hat. Danach blieb mir nichts anderes übrig, als einfach auszuprobieren. Anhand von Bildvorlagen wurde klar, dass ein in Afrika eingesetztes Fahrzeug anders altert und verstaubt als sonst. Also drauf los und nicht zu dünn „Africa Korps Filter“ und „Africa Korps Wash“ aus dem DAK “Wethering Set“ AK 068 drauf und mit „White Spirit“ entsprechend behandelt. Dazu kam aus dem Set AK 060 „Africa Dust“ und „normaler Dust“ eine Menge Staub dazu, wobei hier auch mit den entsprechenden Pigmenten „North Africa Dust“ AK 041 noch weiter „verdreckt“ wurde. Griffest gemacht habe ich dies dann mit Pigment-Fixer AK 048, welcher nicht mit der Pistole sondern mit dem Pinsel aufgetragen wurde allerdings sehr dünn und gut aufgeschüttelt. Dies ergibt eine matte Oberflächenversiegelung, die nach 24 Stunden Trocknungszeit eine problemlose Weiterarbeit ermöglicht. Auch, so konnte man lesen, in der Wüste gibt es Schlieren und so kam wo nötig „Streaking grime for DAK-vehicle“ AK 067 (Schlierenpampe halt, herrje) zum Einsatz, wobei die aufgetragenen „Streifen“ in ihrer Intensität dann auch wieder mit „White Spirit“ abgetönt und in das Gesamtbild der Lackierung eingepasst worden sind.
Der „Afrika-Anstrich“: Vorweg, ob das so tatsächlich stimmt, weis ich nicht sicher. In den Internetforen gibt es so viele Beiträge und Varianten, Ansichten und Gegenansichten was soll´s! Mehr als schiefgehen kann es nicht. Die Selbstfahrlafetten kamen im Januar und Februar 1942 in Tripolis an. Damals wurde der Tarnanstrich m. E. sicher schon in Deutschland aufgetragen. Bis April 1942 wurde der Farbton RAL 7008 „Graugrün“ bzw. „Khakibraun“ verwendet. Also nahm ich dazu MM 2098 und trug dieses nicht immer voll deckend auf die graue Grundlackierung auf. Das Ergebnis war dann eher ein bräunlicher Ton, der ins Erdfarbene ging. Das gefiel mir nicht sonderlich und so zog ich Fotos aus dem Buch „Das Afrikakorps in Original-Farbfotografien“ von Bernd Peitz, Motorbuchverlag, zu Rate. Irgendwo hatte ich im Vorfeld der Lackierarbeiten noch uralte Humbrolfarben HM2 „Afrika Korps Dessert Yellow“, die ich 1986 (!) in London gekauft hatte, gefunden. Tatsächlich funktionierten diese noch, und damit habe ich dann die trist erscheinende eher erdbraune Farbschicht abgetönt und schon passte es! Danach folgten wieder die bereits zitierten Arbeitsschritte mit Filtern, Staub usw., nur ohne das Zeug für Dunkelgrau. Auch hier wurden einzelne Arbeitsschritte wiederholt bzw. zwischengeschoben, wie bspw. abgeplatzte „Afrika-Farbe“, so dass der graue Untergrund wieder zum Vorschein kam, welcher aber dann auch wieder irgendwie staubig wirken sollte, ohne zu undeutlich zu werden …, usw., usw. Später habe ich noch etliche Kratzer, Lackabsplitterungen und auch blanke Metallstellen, letztere mit Grafitpulver „Dark Steel-Pigmente“ AK 086 angebracht, um einen „strapazierteren“ Eindruck der Selbstfahrlafette darzustellen. Bei den Beschriftungen beschränkte ich mich auf die WH-Nummernschilder (ja, ich habe schon festgestellt, dass die genaue Ziffernfolge nicht ganz stimmt …) und die Balkenkreuze aus weißen Außenlinien an den Seiten der Oberwanne.
Auch dieser Bausatz von Schatton-Modellbau bietet wiederum die Chance, seine Sammlung um ein außergewöhnliches Unikat zu erweitern, dessen Bau sehr viel Spaß bereitet hat. Vor allem die Lackierung und Alterung in dieser Art war ein neue Herausforderung, der ich mich gerne wieder stellen werde. Die Selbstfahrlafette wird kein Einzelstück aus dem Bereich Afrikakorps bleiben. Darüber hinaus hat mich der Bausatz so begeistert, dass ich mir einen zweiten zulegte ob dieses „Schwesterfahrzeug“ auch im Afrikaeinsatz oder noch im dunkelgrauen Kleid dargestellt wird, kann ich noch nicht sagen…. Ich kann ihn jedenfalls gerne weiterempfehlen.
Empfohlene Literatur: Das Internet, also Suchmaschine her, ggf. auch Bilder anklicken und Fahrzeugbezeichnung(en) eingeben. Flugs hat man eine ganze Fülle von Infos.
© 08/2012 Volker Andorfer |