Sd.Kfz. 9/1 FAMO mit 6t Bilstein Kran
Prototyp


Sd.Kfz.9/1 von Calibre35 (links) und Tiger Model Design (rechts)
 

Einleitung

Eigentlich sollte an dieser Stelle ein großer Doppelbaubericht der beiden Sd.Kfz.9/1 Umbausätze von Calibre 35 und Tiger Model Designs stehen. Während dem Bau zeigte sich aber das beide Modelle so grund verschieden sind, daß ich jedem einen eingenen Bericht widmen werde. Im Bericht wird dann auch jeweils auf die grundlegendsten Unterschiede der beiden Modelle hingewiesen, auch wenn dieses eigentlich kaum möglich ist. Aber nun auf zu Teil 1 des FAMO Zweiteilers...

Das Modell

Beginnen möchte ich mit dem Umbausatz zum Sd.Kfz.9/1 FAMO mit 6t Bilsteinkran des tschechischen Kleinserienherstellers Calibre35. Calibre35 ist ein neu gegründetes Militärmodell-Label des bekannten Resinherstellers Aires, so wundert es nicht, daß die Qualität des ca. 45 Euro teuren Umbausatzes durchweg gut ist. Im Gegensatz zur doppelt so teuren Variante von Tiger Model Designs, stellt der Calibre35 Bausatz "lediglich" den Prototyp des Kran-FAMOs dar. Dieser Umstand hat Vor- und Nachteile: Freunde von E-Serien und Prototypen werden sich freuen, ferner hält sich der reine Umbauaufwand in sehr engen Grenzen, wodurch das Modell auch für resin Einsteiger leicht handhabbar wird. Wer aber ein serienfahrzeug nachbilden möchte ist mit dem Calibre35 Modell schlecht beraten - der Umbauaufwand ist einfach zu groß, da sollte man direkt zum korrekten Bausatz von TMD greifen. Wirklich ärgerlich finde ich allerdings den Umstand, daß weder im Katalog, noch auf der Packung oder spätestens in der Anleitung darauf hingewiesen wird, daß man hier einen Prototyp baut. Interessant ist hierzu die Aussage von Calibre35 - man hat dort anscheinend erst nach der Auslieferung gemerkt, daß man das "falsche" Fahrzeug nachgebildet hat... Da es sich um das Erstlingswerk des Herstellers handelt, wollen wir mal wohlwollend darüber hinweg sehen.
Als Basis für den Sd.Kfz.9/1 Prototyp wird der FAMO von Tamiya benötigt, im Gegensatz zum TMD Umbausatz bleibt hier auch nicht allzuviel für die Grabbelkiste übrig...

Der Bau

Für ein Conversion Kit beginnt der Bau recht unspektakulär - nämlich bis zur Seite 12 in der Tamiya Bauanleitung streng nach Bauplan. Bauabschnitt 1 befasst sich mit dem recht gute detailierten Maybach HL108 Motor. Da sich meine beiden FAMOs soviel wie möglich unterscheiden sollten, entschied ich mich dafür bei diesem Modell die Lüftungsklappen und die Seitenteile der Motorhaube geschlossen darzustellen. Ein Blick auf den Motor ist dadurch nicht möglich, also blieb er einfach draussen...
In den Abschnitten 2 bis 7 der Tamiya Anleitung widmen wir uns dem erstklassigen Chassis und Laufwerk der 18 Tonner Halbkette. Die je sechs Schwingarme pro Seite lassen sich problemlos ausrichten, Anfänger wird's freuen. Mit minimalem Aufwand kann der fortgeschrittene Modellbauer aber auch verschiedene Einfederungsstellungen darstellen, ideal für Dioramen. Im Bereich des Kettenspanners werden die ersten Ätzteile des Eduard PE Satzes fällig. Da man diese später einerseits kaum erkennt, andererseits meine Finger für speziell diese Teile schlicht zu dick waren, blieb diese Baugruppe unebahandelt. Meiner Meinung nach tut es der Optik keinen Abbruch...
In den nächsten Baustufen werden die voll beweglichen Baugruppen der Vorderachse und der Schlepperkupplung gebaut. Beide Gruppen sind wirklich genial durchdacht und bleiben auch trotz größerem Einsatz von Klebstoff immer noch funktionsfähig. Nicht nur hier hat Tamiya ein dickes Lob verdient! Die Gummivorderreifen habe ich gegen Resinreifen mit anderem Profil von Real Model ausgetauscht - wie gesagt, die Modelle sollen sich ja unterscheiden. Die Anpassung der Real Reifen an die Tamiya Vorderachse ist hierbei problemlos. Eine kleine Verfeinerung erfuhren die Treibräder. Hier fehlen die je zwei Schrauben der Kettenpolster. Die Schraubköpfe habe ich mit einem feinen Imbusschlüssel aus einer dünnen PVC Folie ausgestanzt und dann mit Sekundenkleber angebracht. Ein ziemlicher Aufwand, zumal man dieses Detail nur sieht, wenn man weiß das es da ist...
Im Gegensatz zu meiner sonstigen Gewohnheit habe ich das Schachtellaufwerk komplett zusammengebaut, dank der großen Laufräder und der guten Zugänglichkeit, können diese auch im zusammengebauten Zustand recht einfach bemalt werden.
Weiter geht's mit der auf dem Chassisrahmen befestigten Seilwinde. Unnötig zu sagen, daß auch diese funktionsfähig bleibt, oder ?
Nachdem der Eduard Ätzteilsatz bisher noch recht unberührt blieb, geht es ihm jetzt nach und nach an den Kragen - wir beginnen mit der Frontsektion, genauer gesagt dem Kühlergrill. Tamiya hat sich hier zwar schon ziemliche Mühe gegeben, gegen den optischen Eindruck der PE Kühlerlamellen kommt der Plastikgrill aber nicht an. Also müssen die Plastiklamellen nun feinsäuberlich herausgesägt werden. Eigentlich eine simple Sache, wenn man nicht die zwei Mittelstege stehen lassen müsste. War das Messer beim ersten Grill noch öfter im Finger als im Plastik, so ging es beim zweiten Modell dann schon bedeutend einfacher... Auch wenn ich sonst kein allzu großer Freund von PE Teilen bin, DIESES Teil ist wirklich ein Muss!


Kaum zu erkennen, die selbstgefertigten Verschraubungen der Kettenpolster

"Schau mir in die Lamellen, Kleines"

Da der Sd.Kfz. 9/1 Prototyp ein früheres Baumuster ist, habe ich die Stoßstange weggelassen - dafür wurden Kennzeichen und Peilstangenhalter durch Ätzteile ersetzt. Was nun folgt ist die Kabine. Vom Plastikpart her einfach zu machen, aber der Eduard PE Satz kommt jetzt endgültig zur vollen Entfaltung. Pedale, Werkzeughalterungen unter der vorderen und hinteren Sitzbank und schließlich die Halterungen der Gewehre wurden hier durch PE Teile ersetzt. Damit es passt, bekamen die Schaufeln entsprechend neue Stiele aus Rundprofil, dazu noch eine selbstgemachte Brechstange wie sie auf diversen Fotos zu sehen ist. Geschenkt habe ich mir lediglich die kleinen Verzurrösen rund um die Einstiege - DIE Arbeit war mit ehrlich gesagt schlicht zu blöd!


Hübsch sehen sie ja aus, wenn nur das Bemalen nicht wäre...

Bis dahin war es noch ein normaler Tamiya FAMO...

Irgendetwas fehlt bis jetzt... achja, der Umbausatz! Schließlich befinden wir uns mittlerweile auf Seite 13, bzw. in Stufe 23 der Tamiya Anleitung. Bauteil F20 wird dann auch das erste (und einzige!) Teil, das wir für den Calibre35 Umbausatz anpassen müssen. Die Bodenplatten F27 und F28 der Werkzeugstaukisten werden noch angebaut, die oberen Aufbauten der Kästen müssen aber entfernt werden. Hier offenbart sich dann auch die einzige wirkliche Schwäche des Calibre35 Umbausatzes - der so entstandene Teil der Arbeitsplattform verfügt nicht über die Nietenstruktur der übrigen 2/3. SO kann man es nicht wirklich lassen, was also tun ? Man könnte jetzt hingehen und kleine Nietenköpfe stanzen oder kaufen und diese mühselig in Reih und Glied aufkleben. Die Sauerei mit dem Kleber wollte ich mir nicht antun, also griff ich lieber zum Handbohrer und zu Blumendraht (der mit dem Blumengebinde beim Floristen gebunden werden). Nachdem ich mit Bleistift das vorhandene Schema auf den nackten Bereich übertragen hatte, wurden nun an den Stellen der künftigen Nieten kleine 0,3 mm starke Löcher gebohrt. In diese Löcher kamen ca. 5mm lange Drahtstückchen, die später mit einer Zahnstocherspitze Sekundenkleber befestigt wurden. Nach dem Aushärten des Klebers, wurden die Drähte mit einem kleinen Seitenschneider abgeschnitten. Wenn der Seitenschneider auf der Arbeitsplattform aufliegt erhält man automatisch die korrekte Nietenhöhe. Abschließend leicht drüber geschliffen und fertig waren die neuen Nieten. Vielleicht ist diese Methode etwas langsamer als das Aufkleben einzelner Nietenköpfe, schont die Nerven aber ungemein!


Noch sehen die frisch gesetzten Nieten aus wie ein Fakirbett...

...nach dem Einkürzen und Überschleifen ist die Plattform fertig

Nun kommen wir aber endgültig zum Resinanteil des Modelles. Der Kran selbst lässt sich innerhalb kürzester Zeit zusammenbauen, eine wahre Freude. Beim Ausleger, bzw. der Takelage hat das Calibre35 Modell einen ganz entscheidenden Vorteil gegenüber dem TMD Pendent - die Umlenkrollen sind vorgebohrt! So wird die Ausrichtung von Doppelrollen zum echten Kinderspiel, das beiliegende Nylonseil tut ein übriges, um den Bau einfach und angenehm zu halten. Apropos Nylonseil - durch die Verpackung kann es vorkommen, daß das Nylonseil eine leicht ovale Forum annimmt. Hier verschafft etwas heißes Wasser Abhilfe, kurz darin gebadet und der Querschnitt des Seiles ist wieder kreisrund. Um die Takelage in der endgültigen Stellung steif zu bekommen, habe ich das Seil einfach mit dünnflüssigem Sekundenkleber getränkt.
Die Auslegerlänge, sowie die Erhöhung des Auslegers können beim Bau frei gewählt werden, beweglich sind diese Teile später aber nicht (aufgrund der komplizierten Seilführung). Recht unschön ist der offene Einblick in die Seiltrommelschächte des Krangehäuses. TMD war hier pfiffig genug eine Bleifolie als Abdeckung beizulegen - ein Feature das ich bei diesem Modell sofort übernommen habe.
Sehr schön gestaltet sind auch die Stützstempel des Kranfahrzeuges. Es gibt aber keinerlei Fotobeweis oder Dokumentation, daß diese Stützen jemals benutzt wurden. Eigentlich werden die Stützen in einer großen Staukiste am Heck der Arbeitsplattform untergebracht, da diese aber beim Calibre35 Modell fehlt, bleibt nur der Weg in die Grabbelkiste. Besagte Kiste Scratchbauen bringt übrigens auch nichts - da der Prototyp noch über die zweite Sitzbank verfügt, ist auf der Plattform schlicht kein Platz!
Was nun noch fehlt sind die Halterungen der Stützplatten. Hier hat mich die ansonsten gute Bauanleitung des Umbausatzes etwas gefoppt - die Teile gehören nämlich nicht auf das vordere Stützgehäuse, sondern davor!
Zu guter letzt benötigte der FAMO nur noch eine Kette. Wer die frühe Version der 18 Tonner Kette aufziehen möchte sollte sich den Gedanken an Friul aus dem Kopf schlagen - die Tamiya Kette ist exzellent detailiert und bleibt auch nach dem Zusammenbau voll beweglich! Hier werden zunächst die Kettenpolster auf das Kettenglied geklebt, anschließend werden die Glieder einfach ineinander geklipst - genial und einfach.

Bemalung/Alterung

Die Wahl der Farbvariante war recht einfach - immerhin handelt es sich um einen Prototypen zu Kriegsbeginn - also bleibt als Farbe Grau. Um eine einheitliche Oberflächeneigenschaft der verschiedenen Materialien (Resin, Plastik, Metall) zu erreichen, habe ich das Modell zunächst in einem Rostton grundiert. Rost habe ich extra gewählt, da es so einen netten Nebeneffekt hat, wenn die graue Farbe später irgendwo nicht ganz deckt.
Anschließend folgte flächendeckend eine Lackierung in Tamiya XF-63 "German Grey", das in der Folge leicht mit Weiß aufgehellt erneut wolkig aufgebracht wurde. Um das immer noch recht einheitliche Grau weiter zu "brechen" folgten einige Filter mit sehr stark verdünnten (1:9) Tönen Blau, Grün und Braun.
Bisher hat noch alles Spaß gebracht, doch nun kam die Einzelteilbemalung. "Welcher Teufel hat dich geritten..." - das schoß mir bei der Bemalung der Werkzeuge, insbesondere der unter den Sitzbänken desöfteren durch den Kopf. Plastikwerkzeug kann man seperat bemalen und dann ankleben, bei geätzten Halterungen hat man hier die Axxxx-Karte. Ich weiß bis heute nicht wie, aber nach ein paar belgischen Trapistenbieren waren die Werkzeuge bemalt und ich konnte mich wieder besser zugänglichen Teilen widmen...
Zunächst gab es ein leichtes Washing (schwarz/braun), befolgt von Trockenmalen in Hellgrau. Da die ebenen Flächen speziell im Bereich der Kotflügel und Motorhaube recht groß sind, wurden diese Bereich ferner intensiv durch Trockenbürsten (ebenfalls hellgrau) aufgehellt. Abschließend wurde das Laufwerk, Chassis und die Arbeitsplattform erst mit dunkelbrauner Pastellkreide, dann mit sandfarbener Kreide verstaubt.
Die Kette wurde mit einem mix aus diversen Humbrol Rost, Braun und Metaltönen gespritzt.

Als einziges Abzeichen - neben den Kennzeichen - trägt der FAMO das taktische Zeichen des Bergezuges, welches mit Hilfe einer Eduard Schablone aufgespritzt wurde.


Fazit


Wenn man damit leben kann einen Prototypen zu bauen, dann liegt man mit diesem Modell goldrichtig. Wenn man den Umfang des Calibre35 und des TMD Conversion Kits miteinander vergleicht, so liegt bekommt das Calibre35 Modell mit einem heutigen Listenpreis von rund 45 Euro sicher keine Preis/Leistungs Bestnoten, es hält sich aber in vertretbaren Grenzen.


Blick in die Kabine

Mangels Decals, stammen die Beschriftungen aus dem Gel Schreiber

Man bekommt ein einfach zu bauendes Modell, das auch bestens geeignet ist, um Modellbauer in den Resinbereich einzuführen. Angüsse, Passgenauigkeit - alles erstklassig. Man glaubt es kaum, aber diesen Bericht zu schreiben, dauerte deutlich länger als den Resinkran zu bauen! Der Silber Award ist redlich verdient.

Preis / Leistung: ***** Paßgenauigkeit: *****
Detaillierung: ***** Schwierigkeitsstufe: *****

Empfohlene Literatur:

© 4/2003 Carsten Gurk

 

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