Der geländegängige Daimler-Benz LG 315 Fünftonner war die Weiterentwicklung der schweren Mercedes-LKW des zweiten Weltkrieges, die ab Mitte der 50er Jahre für die neue deutsche Bundeswehr in einer Stückzahl von 6500 Fahrzeugen ausgeliefert wurde. In zahlreichen verschiedenen Varianten und Rüstsätzen mit unterschiedlichen Pritschen- und Fahrerhausausführungen stellten die zuverlässigen und leistungsfähigen LKW gemeinsam mit dem MAN 630 jahrelang die Unterstützung der Truppen sicher. Ersetzt wurden die 145 PS starken LKW nach und nach mit dem Erscheinen der MAN gl LKW der Folgegeneration, vereinzelte Exemplare waren bei den Fliegerhorstfeuerwehren von Heer und Luftwaffe bis in die 90er Jahre hinein im Einsatz
Der Kleinserienhersteller Gollwitzer bietet die Standardversion des LG 315 mit Einheitspritsche und Plane als Resin-Komplettmodell an. Bereits der erste Eindruck des Kits ist mehr als positiv: Feinste graue Resinteile, etwas Draht und Messingröhrchen für Handläufe und Achsen, Weissmetallrohre für den Auspuff, Gelenkwellen und Getriebe, Klarsichtteile und ein einteiliger Planenaufbau aus Vacu-Kunststoff. Vor allem die Resinteile beeindrucken: Kein Verzug, nur minimaler Blasenwurf, beste Passgenauigkeit! Die Teile sind fast ohne sichtbare Angüsse ausgeführt, lediglich etwas Fischhaut ist zu entfernen. Kleinteile gibt es kaum, so wird beispielsweise der mit zahlreichen Details wie Staukästen, Unterlegkeilen u.Ä. versehene Pritschenboden bereits als fertige Baugruppe geliefert. Die Bauanleitung besteht im Wesentlichen aus einer handgezeichneten Explosionsskizze, die zum Bau des Modells völlig ausreicht. Abziehbilder für etwaige Markierungen liegen nicht bei.
Soviel vorweg: Der Bau hält, was der erste Eindruck verspricht! Problemlos ließen sich Federpakete, Achsen und Kraftstrang am Fahrzeugrahmen einpassen, es folgten nach Einbau des nur angedeuteten Motorblocks Auspuffrohre, Tank und Heckstossfänger mit Beleuchtung. Es mussten nur noch Fahrerhaus und Fahrerhausinneneinrichtung sowie der Rahmen für die Fahrerhausverglasung eingesetzt werden. Die Pritsche setzt sich aus dem erwähnten Pritschenboden, den 4 Pritschenwänden sowie Radkästen und Reserverad nebst Halterung zusammen. Beim Zusammenfügen der Pritschenwände musste ein wenig gebogen und gespachtelt werden, um einen bündigen Abschluss zu erreichen, dies soll aber auch die einzige kleine Mühe während des gesamten Baus bleiben. Es folgten noch Details wie Spiegel, Blinker, Handläufe, Trittroste etc. Ich habe außerdem noch dem Vorbild entsprechend Schmutzfänger aus Plastiksheet ausgeschnitten und an den Radkästen befestigt. Der einzige Schwachpunkt des Bausatzes ist das beiliegende Lenkrad: Es wäre, von 1:35 auf 1:1 hochgerechnet, wohl um die 1,5 Meter im Durchmesser und damit auffällig überdimensioniert. Hier schuf die Restekiste Abhilfe. Die Vakuplane wurde sauber aus ihrem Anguß herausgetrennt. Ich wollte sie unbedingt mit geöffneten Fenstern darstellen, sodass die jeweils vier kleinen Öffnungen pro Seite noch ausgeschnitten werden mussten. Danach galt es nur noch, die produktionsbedingt offenen Kanten der Plane zuzukleben. Sie konnte nun, ebenso wie die deutlich kleinere Resin-Plane für das Cabrio -Fahrerhaus, zur Vereinfachung der Lackierung erst einmal separat behandelt werden.
Auf die übliche Grundierung mit Schwarz folgte die Grundlackierung in Olive Green (alle Farben: Tamiya Acryl). Diese wurde danach mit etwas Weiß abgetönt, um mit dieser helleren Farbe die ebenen Oberflächen am Modell zu betonen. Vertiefungen wurden mit Dunkelbraun schattiert. Ein Filter aus stark verdünntem Olive Green, aufgebracht auf das gesamte Modell, blendet diese Oberflächeneffekte weich ineinander über. Das identische Verfahren mit der Farbe Khaki fand bei den Planen Anwendung.
Es konnten nun die Verglasungen eingesetzt werden. Im Fahrerhausbereich kam hier das mitgelieferte Plexiglasmaterial zur Anwendung. Bei den Planenfenstern auf der Pritsche passte es weniger gut, da hier im Original durchsichtige dicke Plastikfolie mit dem entsprechenden Knittereffekt verarbeitet war. Die Lösung kommt wie so oft aus der heimischen Küche: Simple Frischhaltefolie, zurechtgeschnitten und mit Sekundenkleber eingeklebt, erzielt einen schönen knitterigen Eindruck.
Nachdem die Detailbemalung per Pinsel abgeschlossen war, konnten die Planen aufgesetzt werden. Es folgten die Decals, samt und sonders aus der Restekiste. Sie weisen meinen Fünftonner als Fahrzeug der 1./ PzBtl 33 aus, etwa während der Herbstmanöver 1970.
Anschließend wurde das gesamte Modell zunächst kräftig mit brauner Ölfarbbrühe gewaschen, danach leicht mit Dunkelgrau trockengebürstet. Abschließend wurde durch Einnebeln des gesamten Fahrzeugs mittels Airbrush und verdünntem Buff ein gewollt deutlicher übungsplatzmäßiger Staubeffekt erzielt.
Es entsteht ein eindrucksvolles und seltenes Modell, dass den Größenvergleich mit z.B. den LKW aus der MAN-Serie von Revell nicht zu scheuen braucht. Die gute Qualität und Einfachheit des Bausatzes sorgen für jede Menge Bastelspaß mit regelmäßigen Erfolgserlebnissen. Manch einer mag in dieser Einfachheit vielleicht einen Nachteil sehen: Vergleicht man das fertige Modell mit Originalbildern, so fallen etwa bei Pritsche oder Frontstoßfänger kleine Diskrepanzen in der Proportion auf. Auch könnten, um ein wirklich 100%ig originalgetreues Modell zu erstellen, zahlreiche weitere Details wie Bremsleitungen, Planenzurrung usw. im Eigenbau ergänzt werden. Dennoch vermisst man auch am out of the box gebauten LG 315 nichts. Ich kann den Bausatz für angemessene 65 EUR Herstellerpreis auch Einsteigern in den Resin-Modellbau guten Gewissens empfehlen.
© 08/2005 Golo Bartsch |