Culemeyer Straßenroller 80t

 

Das Original

Im Jahre 1931 entwickelte Johann Culemeyer ein Transportsystem, das schwere Güter der Eisenbahn auf die Straße bringen sollte. Oder gleich die Eisenbahn selbst! Dieses System entwickelte sich derartig erfolgversprechend, daß es noch bis vor Kurzem eingesetzt wurde. Der Straßenroller!
Unter dem Motto "Die Eisenbahn ins Haus" entstand vorerst ein vier-, später (1935) ein sechsachsiger (der hier vorliegende) Schwertransportwagen, mit 16, bzw. 24 Rädern aus Vollgummi. Diese brachten z.B. Kesselwagen von einer Fabrik ohne eigenen Gleisanschluß zum nächsten Verladebahnhof. Oder, wie einige Bilder belegen, auch mal ganze Kanalfrachtschiffe über die Autobahn. Dazu konnten die Culemeyer auch beliebig hintereinander, bzw. nebeneinander angeordnet werden. Gefertigt wurden die Straßenroller bei der Gothaer Waggonfabrik in Gotha. Wo auch sonst?!
Im Krieg entdeckte dann die Wehrmacht den Straßenroller für ihre Zwecke, am bekanntesten ist der Transport der einzelnen Komponenten des Mörser "Karl" auf der Straße. Die Kriegsmarine transportierte auf ihnen die schweren Einzelteile der Geschütze für den Atlantikwall, aber auch U-Boote für den Einsatz im Schwarzen Meer fanden ihren Weg über Land auf Rädern.

Der Bausatz

Seit dem im Jahre 1978 in Modell Fan erschienenen Artikel über die Verlastung des Karl - Gerätes auf Culemeyer Straßenroller, habe ich gehofft, daß dieser irgendwann einmal im Maßstab 1:35 herauskommen würde. Und genau diesen Wunsch erfüllt mir nun neben Miniatur Models die Firma ELITE !!!
Die großzügig dimensionierte Verpackung ziert ein Bild des Modells, die ebenfalls abgebildete Lok ist natürlich nicht im Bausatz enthalten. Öffnet man nun den Karton, kommen sauber in Tüten verpackte, und mit Schaumstoffchips gepolsterte Resinteile zum Vorschein. Ebenfalls sind Plastikrundprofile und Stahldraht beigelegt. Die Bauanleitung besticht durch eine hervorragende Gliederung, unterstützt durch Fotos und begleitendem Text. Eine Zeichnung zeigt die korrekte Stellung der Räder wenn sie eingeschlagen dargestellt werden, außerdem findet sich am Anfang der Bauanleitung eine Teileübersicht in Text und Bild. Diese Anleitung finde ich richtungsweisend!
Die Nacharbeiten halten sich in den bei diesem Werkstoff üblichen Grenzen. Die Resinteile sind verzugsfrei, Blasenbildung fand sich bei meinem Bausatz nur an einigen, wenigen Teilen – was bei der hier gebotenen Komplexität auch nicht weiter verwundert! Außerdem erspart dieser Detailreichtum dem Modellbauer viele Mühen, der Bau geht flott voran. Einzig störend wirkte sich bei mir etwas "Fischhaut" an einigen Teilen aus, was ich auf nicht mehr so ganz "taufrische" Formen zurückführe. Tja, hier liegt mir halt kein "Kritikerblenderbausatz" vor, sondern ein Kit, wie er in den Läden steht und den Resin - Komplettbausatz der gehobenen Klasse darstellt.

Der Bau

Sämtliche Teile sollten vor weiterer Verwendung mit lauwarmer Seifenlauge von etwaigen Trennmitteln befreit und klar nachgespült werden. Sodann werden sie von den Angüssen getrennt und mit der Feile gesäubert.

Eigentlich könnte ich hier Schluß machen, die Bauanleitung lässt nämlich keine Fragen offen !

Die Seitenholme können nun nach Anleitung mit den Quer- und Kastenholmen, sowie den Mittelstangen verklebt werden. Die Löcher in den Querholmen müssen jeweils beide nach rechts, bzw. links weisen. Eventuelle Spalten, etc. sind mit Milliput, o.ä. zu verschließen. Resinbausätze neigen naturgemäß zu Verzug, und weisen mehr oder weniger leichte Toleranzen auf. Das macht sich gerade hier besonders bemerkbar, wenn es daran geht, die Achsen, Federpakete und die Räder in Einklang zu bringen. Sorgfältiges Arbeiten hilft, trotzdem gute Ergebnisse zu erzielen!
Es folgen also die Laufräder samt den entsprechenden Innenradfelgen. Hierzu habe ich die Innenfelgen nach den eingravierten Nummern sortiert und laut Belegskizze in der Anleitung mit den Rädern verklebt. Die Anbringung beim Gegenstück des abgebildeten Straßenrollers gestaltet sich seitenverkehrt. Siehe hierzu mein Foto mit Nummern. Bei eingeschlagenen Rädern ist auf den korrekten Lenkeinschlag zu achten! Noch etwas zu den Rädern selbst: nach dem Abtrennen der Angüsse entsteht eine Abflachung, die durchaus als Standfläche dienen kann. Die Räder waren zwar aus Vollgummi, zeigten aber wegen des hohen Gewichts des Transportgutes eben eine gewisse Abplattung.
Die Achsen sind hoffentlich mitsamt den Federpaketen in die Seitenholme geklebt, jetzt kommt der große Augenblick, wo aus Memmen Helden werden! Vierundzwanzig runde Räder dürfen nicht den Bodenkontakt verlieren... Ich habe erstmal an drei äußeren Ecken Räder angebracht, und dabei zugesehen, daß der Transporter noch einigermaßen die Horizontale beibehält. Alle folgenden Räder passten entweder gleich - oder mussten eben ein wenig angepasst werden. So ist das mit dem Resin eben. Nun die Querlenker:
Es gibt zwei Wege, diese einzubauen:

- erst die äußeren Innenfelgen ankleben, dann die Querlenker (aus dem beiliegendem Plastikrundmaterial selbst gefertigt) einkleben, und dann die inneren Innenfelgen folgen lassen,
- oder alle Räder mit Innenfelgen ausrichten (s.o.) und verkleben, danach Plastikrundmaterial etwas biegen und mit einer Pinzette in Position wurschteln.

Letztere Möglichkeit habe ich gewählt, die Querlenker auf die richtige Länge zu kürzen und zu positionieren, und dann den Rest anzukleben, erschien mir etwas zu gewagt für meine Fertigkeiten.
Die Mittelstangen, sowie die große Steuerstange folgen - soweit nicht schon eingebaut - , ebenso die Arretierungen der beiden Straßenrollerkomponenten.
Jetzt sind die Zugdeichsel und die Lenkverteiler an der Reihe, sie werden mit den Steuerstangen der Radstellung angepasst. Die Beweglichkeit der Deichsel ist durch Bohrungen und eingebautem Plastikrundmaterial erreicht worden. Ein wenig Scratchbau schafft hier ein Mehr an Detailfülle, welche das Erscheinungsbild des Modells weiter abrundet! So habe ich u.a. einen Haken ergänzt, dazu einen C-Haken in der Mitte geteilt und etwas ausgefeilt.
Auch jeweils eine der Steuerstangen wurde nach Bildvorlagen abgeändert, eine Stange führt durch die Andere. Sämtliche Gestänge habe ich aus 0,75mm und 1,0mm Plastikrundprofilen von Evergreen neu aufgebaut, um sie den benötigten Längenmaßen anzupassen.

Zuletzt sind noch die restlichen Teile, wie z. B. Handräder und Beleuchtung anzubringen. Die Anschlüsse für die Stromversorgung habe ich selbst gebaut, das ist die Leitung von der Zugmaschine zum Straßenroller . Und das war`s auch schon. Die Komponenten der Bremsanlage liegen dem Panzertransporter (Nr. 3539) bei, ob die Bremsen also beim 24-rädrigen Culemeyer nicht direkt am Fahrzeugrahmen angebracht waren, entzieht sich meiner Kenntnis. Aber ELITE wird sich schon was dabei gedacht haben...

Bemalung/Alterung

Nachdem ich das Modell grundiert hatte, machte ich mir um die weitere Farbgebung so meine ganz eigenen Gedanken: auf diversen Bildern kann man den Schriftzug "Deutsche Reichsbahn" erkennen. Die DR verwendete gerne die Farbe "Flaschengrün" (RAL 6007) an ihren Waggons - und das wäre doch mal was ganz Anderes!
Mischt man die AERO-COLOR Farben Nr. 852, 854 und 870 von Schmincke zu gleichen Teilen, erhält man dieses Flaschengrün, welches sich dann wiederum mit Gelb oder Blau etwas variieren lässt, um Lichter und Schatten zu setzten. Das Washing und das Trockenmalen erfolgt mit Ölfarben, wie immer.
Beschriftungen könnte man auch anbringen, die Fotos zeigen das bei einigen Straßenrollern. Allerdings muß man solche Decals erst mal finden, der Eisenbahnmodellbausektor bietet leider nichts in dieser Richtung.

Fazit

ELITE bietet eine Bereicherung einer jeden Sammlung an, die mal wirklich etwas exotisches darstellt! Der Preis liegt bei etwa 65,- bzw. 75,- Euro.
Mal sehen, ob noch weitere Abarten des Culemeyers folgen, z.B. das 16-rädrige Modell, das es schon von Miniatur Models gibt - mit einer schönen Bauanleitung und vielleicht den Ladegestellen für das Karl-Gerät in Einzellasten?!
Die Gussqualität orientiert sich am für diesen Werkstoff üblichen Standard, Verzug stellte ich so gut wie keinen fest. Die Anleitung setzt Maßstäbe, selbst der Anfänger wird vor keinerlei Probleme gestellt.
Meinem Bausatz lagen übrigens auch einige Teile des Panzertransporters bei, weiterhin waren ein paar Teile mehrfach beigelegt, so, daß Bruch oder Verlust nicht so schwer wiegt.
Hier kann man also bedenkenlos zugreifen - es lohnt sich!!!

Die Bewertung bezieht sich auf das Modell direkt aus der Schachtel gebaut.

Preis / Leistung: ***** Paßgenauigkeit: *****
Detailierung: ***** Schwierigkeitsstufe: *****

Empfohlene Literatur:

- Culemeyer, Joh., Die Eisenbahn ins Haus, VDI Verlag (nicht mehr erhältlich)
- Waffen Revue Nr. 22 und 23, Journal Verlag Schwendt
- Bahn Extra 5 / 2000, Gera Nova
- Jentz & Doyle, Karl-Geraet, Darlington

© 10/2003 Christoph Garski

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