Ausgepackt-Archiv


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Von Y-Modelle ist kürzlich mit der Nummer 35130 ein GFF4 von KMW als mittleres geschütztes Sanitäts-Kraftfahrzeug (MgSanKfz) erschienen.

Nach der Definition der Fahrzeugklassen zur künftigen Ausrichtung der Bundeswehr steht GFF für „Geschütztes Führungs- und Funktionsfahrzeug“, die 4 benennt die ballistische Schutzstufe nach NATO STANAG 4569. Der teilweise im Netz kursierende Suggestivname „Grizzly“ wurde schon während der Dauer des Projekts von Krauss-Maffei wieder fallengelassen. Die Erprobung dauert 2012 noch an.

Was erwartet den Modellbauer beim Öffnen der prall gefüllten Schachtel? Ein Mordsbrocken von Modell, wie halt auch das Original, das immerhin mit einem A400M luftverlastbar ist! Über 72 sauber gegossene Teile ohne Luftblasen, teils sehr benutzerfreundliche Angüsse (z.B. super gemacht bei den Reifen) und, angesichts der Größe von Chassis und Sicherheitszelle, kein nennenswerter Verzug bei einer „Kippel-probe“ auf ebener Fläche. Dazu messerscharfe Details ohne Unsauberkeiten im Guss oder Rückstände der Formen auf den Bauteilen! Allein der Aufbau des Hinterachstandems als komplette(!) Einheit ist eine Schau, sieht aber auch nach einer Versäuberungsorgie aus! Für die Scheiben liegen Teile aus durchsichtigem Resin bei, durchaus passend für das dicke Panzerglas des Originals. Diese können auch ohne Not nach der Bemalung ganz zum Schluss von außen montiert werden. Abgerundet wird die Geschichte mit einer klitzekleinen Platine von fünf PE-Teilen für die Scheinwerfergitter und die RKL-Schutzbügel. Die Rundumkennleuchten sind leider nicht als transparente Teile ausgeführt. Als Markierungen liegen lediglich Rotkreuzaufkleber wie beim Erprobungsfahrzeug bei, obwohl sich auf der KMW Seite inzwischen auch Fotos mit zusätzlichen Eisernen Kreuzen finden. Die wasserlöslichen Abziehbilder machen aber einen schönen Eindruck mit minimalem Überstand des Trägerfilms neben der bedruckten Fläche. Dem Modellfoto nach zu urteilen decken sie auch gut. Leider, leider ist kein Innenraum des San-Aufbaus vorhanden, was den Bausatzpreis von ca. 210.- € noch mal etwas höher erscheinen lässt. Der Fahrerarbeitsplatz ist sehr spartanisch geraten, verglichen mit dem Original, aber für die kleinen Fenster wahrscheinlich ausreichend. Denn vom Hersteller ist keine Darstellung geöffneter Türen vorgesehen. Soweit das Handwerkliche aus Modellbauersicht.

Kommen wir zur Technik. Zu allererst fällt auf wie gut das Original in Abmessungen und Proportionen getroffen ist. Stichprobenartige Prüfungen mit einem Geodreieck an markanten Stellen förderten nur minimale Längenabweichung im Bereich 1-2mm, also umgerechnet<7cm zutage. Das gleiche gilt für Winkel, wo die Abweichung maximal ein Grad sein könnte, aber ohne vernünftigen Winkelmesser etwas schwieriger zu beurteilen war. Alle wichtigen und markanten Details sind vorhanden, wie Haubenknick, unterschiedliche Lüftergrätings links und rechts, Zugangs- und Wartungsklappen, Befestigungspunkte für die Panzerung, usw.
Es hapert ein wenig in den Kleinigkeiten. Auf den Flanken der Michelin 14.00R20 Reifen findet sich z.B. kein Herstelleraufdruck. Nicht so schlimm. Dagegen ist die Front des Fahrzeugs in ihrer letzten Ausführung seit der diesjährigen Eurosatory auch gut im Netz dokumentiert (sogar hier bei „On Tour“). Weitere großformatige Fotos finden sich bei Deagel.com und geben deshalb Anlass zu leichter Kritik. So sollte man vielleicht vor dem Ansaugkasten noch den Schutzbügel aus Draht ergänzen.
Wie beim Modell des Dingo 2 fehlen auch hier die Antirutschflächen, diesmal auf der Haube. Auch ist dort nichts vom KMW-Logo zu sehen und die Darstellung der Frontkamera mehr als lieblos und nicht als solche zu erkennen. Hie und da fehlen Nieten und Schraubenköpfe, z.B. auf den Radhäusern oder der Motorhaube. Dort ist etwas außermittig der hydraulische Fhs-Kippstempel vom Trakker angeschlagen um die gepanzerte Haube zu öffnen. Die LED-Tagfahrlichter unter den Bergeösen sind nicht vorhanden. Die Ösen sollte man außerdem aufbohren. Auch wurde die Gitterrohrkonstruktion vorne unter dem Fahrzeug komplett unterschlagen. Auf der Eurosatory waren übrigens noch 40mm Wurfbecher auf dem Dach installiert, ich denke aber nicht dass die zum Standard gehören.

Wenn ich „unten drunter“ schaue gefallen mir ein paar Dinge sehr gut, andere weniger.
Das Doppelachsaggregat ist, wie bereits vorher gesagt, beeindruckend, trotz kleiner Unzulänglichkeiten. Denn es scheint mir nur eine Dreiblattparabelfeder zu haben, fünf wären jedoch angesagt. Bremsen kann man auch nicht, weil die Federspeicherzylinder fehlen (so schafft die Kiste nie den 60% Steilhangversuch!). Die Achsen selber sehen gigantisch aus, Dämpfer und Stabi sind auch vorhanden. Die genaue letzte Konfiguration und Anzahl der Druckluftbehälter ist mir nicht bekannt, aber es fehlt auf jeden Fall der 5l Behälter für das automatische Differentialmanagement und der 10l für das Astronic-Getriebe der Firma ZF. Dieses ist übrigens nicht als solches zu erkennen, sondern irgendein beliebiger Dummy-Ersatz! Das Verteilergetriebe von Steyr ist da schon besser, allerdings fehlt die seitliche Pendelstütze zum Längsträger.
Die Längsträger selber sind gut gemacht, auch wenn das C-Profil verständlicherweise nur angedeutet sein kann. Aber sie verfügen über die IVECO-typische doppelte Kröpfung und haben ein komplettes Lochbild sowie Nieten- und Schraubenköpfe. Bei nicht verwendeten Löchern kann man sogar die verschiedenen Durchmesser unterscheiden! Die Auspuffanlage und der Endschalldämpfer sind stimmig, bis auf ein paar Schellen. Spannbänder am Topf sind vorhanden. Ich vermisse das kleinere Endrohr der Aufbau-APU, keine Ahnung wo das zuletzt hingekommen ist!
Auf der anderen Seite sitzt der selbstdichtende Kraftstofftank welchen KMW anstelle der Version vom Trakker einbaut. Dieser ist in der Form korrekt und hängt beim Original an der Zelle, also keine Befestigungen von unten zu sehen. Davor gehört eigentlich noch der AdBlu-Tank (von wegen Euro5 Abgasnorm), hier klafft jedoch ein Loch. Beim Vorderfedereinbau fehlen links und rechts jeweils die zwei Stoßdämpfer, die Lager dazu sind aber lustiger weise vorhanden. Die Blattfeder ist ziemlich in Strecklage modelliert und sitzt bereits auf dem Zellpuffer, das ist aber durchaus realistisch. Angetrieben wird das Fahrzeug eigentlich von einem Cursor 13 Motor mit 450PS.
Beim Modell sind Motor und Getriebe verständlicherweise nur angedeutet, wie das auch heute noch gelegentlich bei Spritzgussmodellen zu finden ist. Allerdings ist, der Ölwanne nach zu urteilen, hier definitiv kein IVECO-Motor eingebaut (wie schon davor beim ZF-Getriebe). Er ist zu lang, hat die falschen Konturen und sitzt außerdem nicht mittig im Rahmen. So ist auch vorne kein Platz für Lüfter und Kühler. Ein letzter Punkt: wahrscheinlich ist er am aktuellen Fahrzeug noch gar nicht montiert, aber ich wäre überrascht wenn nicht wie beim 4x4 ein zusätzlicher Minenschutz unter dem Rahmen angedacht ist, der dann sowieso den Blick auf einige fehlende Details verstellen würde, wenn man ihn denn ergänzt.

Wie schlimm oder irrelevant die oben beschriebenen Punkte nun sind muss jeder für sich selbst entscheiden. Vieles ist durchaus leicht zu korrigieren oder zu ergänzen. Das Modell ist auf jeden Fall ein Riese, auch für den Geldbeutel, sieht aber auch gewaltig aus und ist definitiv auf Messen ein Hingucker. Wer seine Modelle ohnehin gewohnheitsmäßig fest mit dem Untergrund verbindet, wird mit den genannten Mängeln wohl kaum seine Probleme haben.

(Review von Tobias Fuß)



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